Finanzinvestoren treiben M&A 2023
cru Frankfurt
Der derzeitige Aufwärtstrend an den Finanzmärkten wird von den Equity-Strategen und Investmentbankern der Bank of America eher als Bärenrally gewertet denn als wirklicher Wendepunkt. „Dennoch erwarten wir, dass wie in der Vergangenheit die Talsohle am Markt bereits vor Ende der Rezession erreicht werden wird“, sagte Armin von Falkenhayn, Deutschlandchef der Bank of America, der Börsen-Zeitung. In der Vergangenheit war das im Durchschnitt vier Monate vor dem Ende einer Rezession der Fall.
Die M&A-Aktivitäten werden laut Bank of America 2023 von strategischen Transaktionen geprägt, auch transatlantischen – durchgeführt von finanziell gut aufgestellten Unternehmen. „Aber sobald sich die Volatilität an den Finanzmärkten wieder legt, wird auch das Transaktionsvolumen von Private-Equity-Unternehmen, vor allem mit Public-to-Private-Deals, wieder zunehmen“, sagte Birger Berendes, Chef des M&A-Geschäfts der BofA in Deutschland.
Gestützt auf gesunde Bilanzen und verfügbare Investment-Grade-Finanzierungen seien deutsche Unternehmen weiter akquisitionsfreudig – mit Schwerpunkt auf den USA – und hätten einen Vorteil gegenüber Finanzinvestoren, die dadurch gebremst werden, dass Finanzierungen mit einer Bonität unterhalb von Investment Grade (Sub Investment Grade) knapper und teurer geworden sind.
Beispiele für transatlantische und strategische Aktivitäten sind die Erwägungen des Chemiedistributeurs Brenntag bezüglich eines Zukaufs in den USA oder der schon getätigte Zukauf des Energiekonzerns RWE in den USA. Obwohl der Dollar derzeit stark gegenüber dem Euro ist, suchen deutsche Unternehmen offenbar nach Gelegenheiten, sich in das stärkere US-Wirtschaftswachstum einzukaufen.
Zudem sei 2023 zu erwarten, dass vom Ende des ersten Quartals an die Deals von Finanzinvestoren wieder anziehen – insbesondere Take-Privates, also die Übernahme bisher börsennotierter Unternehmen. Allein die Kapitalzusagen (Dry Powder) für Private Equity in Europa belaufen sich auf 270 Mrd. Euro, die noch nicht investiert sind. Seit Mitte 2021 hat sich zudem der Anteil der Unternehmen im SDax, deren Marktkapitalisierung bei weniger als 1,25 Mrd. Euro liegt, von 41 % (29 Unternehmen) auf 57 % (40 Unternehmen) erhöht. Das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen der SDax-Unternehmen hat sich in den vergangenen sechs Monaten im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre um ein Drittel von 3,5 Mill. auf 2,4 Mill. Euro verringert.
Die Bühne ist damit bereitet für ein Comeback von Private Equity durch „P2P“ (Public to Private). Niedrige relative Bewertungen der börsennotierten Unternehmen, deren Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) gegenüber dem fünfjährigen Durchschnitt um ein Viertel auf das rund 15-Fache vom Gewinn gefallen sind, und die wachsende Attraktivität von Privatbesitz gegenüber einer Börsennotierung, insbesondere für kleinere Unternehmen, dürften die P2P-Welle steigen lassen.
Schlechter sieht es für Börsengänge aus. „Am Markt herrscht aktuell noch immer eine zu hohe Volatilität für Börsengänge“, sagte von Falkenhayn. „Erst wenn diese stabil zurückgeht, wird auch der IPO-Markt zurückkommen.“ Aber das jetzige Umfeld biete gute Möglichkeiten zur Begebung von Equity-Linked-Transaktionen, „und wir sehen auch weiter regelmäßig Kapitalerhöhungen“.
Auch für Anleiheemissionen sieht Falkenhayn Licht am Ende des Tunnels: „Die letzten Wochen haben schon einen guten Ausblick auf die Bondmärkte in 2023 gegeben. Jedes attraktivere Fenster wird genutzt, die Emittenten sind im neuen Umfeld angekommen. Das verlangt auch, jederzeit vorbereitet zu sein.“
Ähnlich wie am IPO-Markt erwarten die Investmentbanker für Finanzierungen an Schuldner geringer Bonität bald eine Wende zum Besseren: „Sobald die Zinsvolatilität und die Inflation zurückgehen und die Ausfallwahrscheinlichkeiten überschaubar sind, werden auch die Leveraged-Finance-Märkte sowie weitere LBOs und P2P-Aktivitäten wieder anziehen“, sagt Berendes voraus.