Frankreich will EDF ganz übernehmen
wü Paris –
Der französische Staat will die ausstehenden Anteile an dem Stromversorger Électricité de France (EDF) im Rahmen eines vereinfachten Übernahmeangebots für 9,7 Mrd. Euro kaufen und den Betreiber der 56 französischen Atomreaktoren anschließend von der Börse nehmen. Nachdem das französische Wirtschaftsministerium entsprechende Details ankündigte, vollführte die EDF-Aktie am Dienstag an der Börse von Paris einen weiteren Kurssprung. Sie gewann im Laufe des Tages zeitweise fast 15% auf 11,75 Euro, nachdem sie bereits innerhalb von einem Monat mehr als 30% zugelegt hatte.
Premierministerin Élisabeth Borne hatte vor zwei Wochen angekündigt, dass die Regierung EDF wieder verstaatlichen wolle. Der französische Staat hatte den Ende letzten Jahres mit 43 Mrd. Euro verschuldeten Versorger Ende 2005 an die Börse gebracht. Der Staat hält derzeit 83,9% des Kapitals und will nun für die noch zu übernehmenden 15,9% je Aktie 12 Euro zahlen und für Wandelanleihen 15,64 Euro. Es sei geplant, das Übernahmeangebot bei der Börsenaufsicht Anfang September einzureichen, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Voraussetzung dafür sei, dass vorher ein Nachtragshaushalt mit einem entsprechenden Kredit für die Kosten der Übernahme verabschiedet werde.
Die geplante Transaktion werde EDF die notwendigen Mittel geben, um die Umsetzung des neuen, von Präsident Emmanuel Macron gewünschten Atomprogramms und den Einsatz erneuerbarer Energien in Frankreich zu beschleunigen, erklärte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. EDF kündigte ihrerseits an, dass der Verwaltungsrat ein Ad-hoc-Komitee konstituieren werde, das eine Empfehlung zu der geplanten Rückverstaatlichung geben soll.
Mitarbeiteraktionäre des Versorgers drohen derweil, den Staat als Mehrheitsaktionär zu verklagen. Sie werfen ihm vor, den Konzern durch unüberlegte und ausbeuterische Entscheidungen zulasten des besonderen Interesses des Versorgers und seiner Minderheitsaktionäre in Schwierigkeiten gebracht zu haben.