Russland

Frankreichs Atom­industrie kooperiert mit Rosatom

Rosatom könnte mit 20% bei der Turbinensparte einsteigen, die der Versorger EDF von General Electric kaufen will. Sanktionen könnten die Pläne aber zunichtemachen.

Frankreichs Atom­industrie kooperiert mit Rosatom

wü Paris –

Die französische Atomindustrie unterhält offenbar weiterhin enge Verbindungen nach Russland. Der russische Atomkonzern Rosatom könnte sich Medienberichten zufolge sogar mit 20% an dem Turbinengeschäft für Atomkraftwerke beteiligen, das der Energieversorger Electricité de France (EDF) von General Electric (GE) übernehmen will. Der französische Staat habe einen entsprechend von EDF geplanten Aktionärspakt bereits abgesegnet, berichtet der „Figaro“. Der französische Staat hält knapp 84% des EDF-Kapitals.

EDF hatte Anfang Februar mit GE den Rückkauf eines Teils der Sparte GE Steam Power vereinbart, zu der die für Atomkraftwerke bestimmten Turbinen Arabelle gehören. Die Sparte, die seinerzeit zu Alstom gehörte, war 2015 an den US-Konzern verkauft worden, als Präsident Emmanuel Macron Wirtschaftsminister Frankreichs war. Der Rückkauf soll Anfang nächsten Jahres abgeschlossen werden. Nicht davon betroffen sind die Aktivitäten der Sparte in den USA.

Solange die Sanktionen nicht die Atomindustrie beträfen, bleibe ein Einstieg Rosatoms bei der Sparte aktuell, zitiert der „Figaro“ ein namentlich nicht genanntes Regierungsmitglied. Der russische Atomkonzern ist ein wichtiger Kunde der Sparte. Er macht 50% des Umsatzes des Werks in Belfort aus, wo die Turbinen für die Atomkraftwerke hergestellt werden. Die Arabelle-Turbinen sollen etwa in den Atomkraftwerken eingesetzt werden, die Rosatom in der Türkei baut und in Ägypten plant.

Rosatom und EDF arbeiten seit Jahren eng zusammen. Der Kraftwerksbauer Framatome, an dem der französische Versorger 75,5% hält, hat erst im Dezember ein neues strategisches Abkommen für eine langfristige Zusammenarbeit mit Ros­atom unterzeichnet. Der frühere EDF-Chef Henri Proglio gehört dem internationalen Rat von Rosatom an.

EDF hoch verschuldet

EDF muss für den mehrheitlichen Rückkauf der Turbinensparte von GE 200 Mill. Dollar zahlen. Der Betreiber der 56 französischen Atomreaktoren ist mit 43 Mrd. Euro verschuldet. Er hatte deshalb letzten Monat bekannt gegeben, so schnell wie möglich eine Kapitalerhöhung über 2,5 Mrd. Euro durchführen zu wollen, an der sich der französische Staat mit 2,1 Mrd. Euro beteiligen will.

Sollte die GE-Turbinensparte jetzt als Folge des Ukraine-Krieges den russischen Markt verlieren, müsste der Kaufpreis, den EDF für sie zahlen muss, entsprechend sinken, meinen Gewerkschaftsvertreter. Dann wäre auch der anvisierte Aktionärspakt hinfällig. Sollte Rosatom mit Sanktionen belegt werden, wären auch andere französische Unternehmen betroffen. So arbeiten Vinci, Bouygues, Assystem, Bureau Veritas und Dassault Systèmes laut der Wirtschaftszeitung „La Tribune“ mit dem Konzern zusammen.