Für EDF wird Stillstand von Atommeilern teuer
wü Paris
Für den Stromriesen EDF (Électricité de France) fällt die Rechnung für den Stillstand der von ihm betriebenen Atomreaktoren noch höher aus als bisher angenommen. Sie könnte sogar weiter steigen, wenn die drohende Versorgungsknappheit im Winter zu neuen Preisspitzen führen sollte. Die geringere Atomstromproduktion dürfte das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in diesem Jahr mit 29 Mrd. Euro belasten, teilte der Versorger am Donnerstag mit.
Ursprünglich war EDF davon ausgegangen, dass der Rückgang der Atomstromproduktion das Ebitda im Gesamtjahr mit 18,5 Mrd. Euro drücken würde. Diese Prognose hatte das Unternehmen dann im Juli auf 24 Mrd. Euro aktualisiert. Die im Mai von 295 bis 315 Terawattstunden (TWh) auf 280 bis 300 TWh gesenkte Produktionsprognose bleibt unverändert. Allerdings rechnet der zuletzt mit 42,8 Mrd. Euro verschuldete Versorger inzwischen damit, dass sie am unteren Ende liegen wird.
EDF betreibt in Frankreich 56 Atomreaktoren. Davon standen jedoch zuletzt 26 still. Neben Wartungsarbeiten, die wegen der Pandemie zum Teil verschoben werden mussten, lag dies an Kontrollen und Reparaturen infolge von Korrosionsanomalien am Kreislauf des Notkühlsystems sowie einem anderen Kühlkreislauf, die zu Rissen an einigen Reaktoren führten. Noch-Konzernchef Jean-Bernard Lévy versicherte jetzt bei einer Anhörung vor der Wirtschaftskommission der Assemblée nationale, dass die derzeit stillstehenden Reaktoren in den kommenden Wochen und Monaten wieder den Betrieb aufnehmen werden, davon je fünf im September und Oktober, sieben im November, je drei im Dezember und Januar und zwei im Februar. Die Atomstromproduktion soll deshalb 2023 wieder auf 300 bis 330 TWh steigen, 2024 dann auf 315 bis 345 TWh. Lévy, der bei EDF von Luc Rémont abgelöst werden dürfte, plädierte vor den Abgeordneten auch für einen Marshall-Plan, um die Atombranche wieder zu beleben.
Maximal 15 Prozent
Premierministerin Élisabeth Borne hat am Mittwoch angekündigt, dass die Strom- und Gaspreise für Haushalte auch im nächsten Jahr gedeckelt werden sollen. So soll ihr Anstieg maximal 15% betragen. Für dieses Jahr hatte die Regierung den Anstieg der Strompreise auf 4% begrenzt und die Gaspreise eingefroren. Ohne die neue Deckelung dürften die Gas- und Strompreise Anfang nächsten Jahres um 120% steigen, erklärte sie jetzt. Allerdings kommt die Deckelung der Strompreise EDF in diesem Jahr teuer zu stehen. Bisher schätzt der Versorger, dass dies das Ebitda im Gesamtjahr mit 10,2 Mrd. Euro belasten wird. Im ersten Halbjahr hat EDF einen Rekordverlust von 5,29 Mrd. Euro verbucht. Die Regierung will den Konzern wieder komplett verstaatlichen und deshalb eigentlich in diesem Monat ein entsprechendes Angebot bei der Börsenaufsicht Autorité des marchés financiers einreichen. Derzeit hält der französische Staat 83,9% an EDF.
Am Donnerstag gab die Aktie von EDF an der Börse von Paris im Laufe des Tages zeitweise um 0,4% auf 11,94 Euro nach.