Gas-Pipeline

Gazprom drosselt Nord Stream 1

Der Kreml verstärkt die Drohgebärden. Der Durchfluss durch die bedeutende Gaspipeline Nord Stream 1 wird durch Gazprom um bis zu 40% gedrosselt. Gleichzeitig will die Bundesregierung mit einem Milliardenkredit die deutsche Tochter Gazprom Germania am Laufen halten. Der Gaspreis schießt in die Höhe.

Gazprom drosselt Nord Stream 1

cru Frankfurt

Die Furcht der deutschen Industrie vor einem Gasengpass nimmt zu. Der russische Staatskonzern Gazprom reduziert die Gaslieferungen durch die für die EU bedeutsamste Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 um 40% – und nennt dafür technische Probleme als Begründung. Siemens Energy kann nach eigenen Angaben in Kanada überholte Gasturbinen derzeit wegen der Russland-Sanktionen nicht an Nord Stream 1 liefern.

„Derzeit werden die Gaslieferungen in die Nord-Stream-Pipeline auf 100 Mill. Kubikmeter pro Tag reduziert, während ursprünglich 167 Mill. Kubikmeter pro Tag geplant waren“, erklärte der russische Gaskonzern am Dienstag. In Amsterdam stieg daraufhin der Benchmark-Gaspreis um zeitweise 13% auf 94 Euro pro Megawattstunde. Ein Grund für die technischen Schwierigkeiten mit einer Kompressorstation ist laut Gazprom, dass Siemens Energy es nicht geschafft habe, die Gas-Kompressoren rechtzeitig zurückzubringen, die der deutsche Hersteller reparieren sollte. Dazu kämen Fehlfunktionen an Motoren, weshalb an der Kompressorstation in Portowaja bei St. Petersburg nur drei Kompressoren betrieben werden könnten.

Allerdings war am Dienstagnachmittag noch kein verringerter Durchfluss durch Nord Stream 1 festzustellen. „Aktuell ist die Versorgungssicherheit weiter gewährleistet“, erklärte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Gazprom und Siemens gaben keine zusätzlichen Erläuterungen.

Der europäische Gasmarkt ist seit Monaten beunruhigt über mögliche Unterbrechungen der russischen Gaslieferungen aufgrund des Ukraine-Kriegs. Die Befürchtung, dass sich die Versorgungslage verschärfen könnte, wurde in der vergangenen Woche verstärkt, als in einer US-Flüssiggasanlage ein Feuer ausbrach und Norwegen die Gaslieferungen aufgrund von Ausfällen reduzierte.

Die Nord-Stream-Gasleitung, die am Meeresboden der Ostsee verlegt wurde, ist mit einer Nennkapazität von 55 Mrd. Kubikmetern pro Jahr die wichtigste Route für russisches Gas nach Deutschland. Zu Beginn dieses Monats sank der Durchfluss durch die Pipeline unter die Kapazitätsgrenze. Die Verbindung wird voraussichtlich zwischen dem 11. und 21. Juli für saisonale Wartungsarbeiten abgeschaltet.

Der Gas-Transport von Russland nach Westeuropa ist ohnehin bereits eingeschränkt. Über die Jamal-Pipeline wird aufgrund der russischen Sanktionen gegen den Eigentümer des polnischen Abschnitts, Europol Gaz, kein Gas mehr geliefert. Zudem hatte im Mai die Ukraine den Gas-Durchfluss an einer von zwei Übergabestationen gestoppt. Davon ist ein Drittel des russischen Gases betroffen, das durch die Ukraine nach Westeuropa fließt.

Milliardenhilfe von der KfW

Unterdessen lotet die Bundesregierung Insidern zufolge kurzfristige KfW-Kredithilfen von bis zu 10 Mrd. Euro für die deutsche Gazprom-Tochter aus. Gazprom Germania kontrolliert bedeutende Teile des hiesigen Gashandels, der Netze und der Speicher. Das Unternehmen wurde Anfang April wegen eines Verstoßes gegen die Außenwirtschaftsverordnung unter Treuhänderschaft der Bundesnetzagentur gestellt und wird jetzt auf Basis des Energiesicherungsgesetzes verstaatlicht. Gazprom Germania kämpft mit höheren Beschaffungskosten für Gas, weil Russland Sanktionen gegen Töchter des deutschen Unternehmens verhängt hat. Das Unternehmen ist wichtig für die gesamte deutsche Gasversorgung.

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