Auto-IPO

Geely treibt Börsengang von Volvo voran

Die aktuellen Probleme in der Autobranche schrecken die chinesischen Eigner von Volvo nicht. Das Unternehmen soll noch 2021 an die Börse und mindestens 2,5 Mrd. Euro einbringen.

Geely treibt Börsengang von Volvo voran

cru Frankfurt

Trotz der akuten Probleme der Autoindustrie mit dem weltweiten Chipmangel will der schwedische Hersteller Volvo den geplanten Börsengang an der Nasdaq in Stockholm noch 2021 über die Bühne bringen. Mit neuen Aktien sollen mindestens 25 Mrd. schwedische Kronen (2,5 Mrd. Euro) eingespielt werden. Spekuliert wird über eine mögliche Gesamtbewertung von rund 20 Mrd. Dollar (17 Mrd. Euro).

Der Erlös helfe dem Unternehmen, das sich im Besitz der chinesischen Zhejiang Geely befindet, die Umstellung auf vollelektrische Autos und ein Direktvertriebs- und Abonnementmodell zu finanzieren, erklärte Volvo am Montag. Auch Geely will einen Teil ihrer Aktien platzieren, beabsichtigt aber, der größte Anteilseigner zu bleiben. „Wir haben das Wachstum dieser ikonischen schwedischen Marke in einer Zeit beispiellosen Wandels in unserer Branche unterstützt“, sagte Geely-Gründer und -Eigentümer Li Shufu (Eric Li), der auch größter Einzelaktionär des deutschen Daimler-Konzerns mit einem Anteil von rund 9,7% ist. Die „globale Erfolgsgeschichte“ von Volvo werde fortgesetzt, kündigte Li an.

Zusätzlichen Schwung erhalten die IPO-Pläne durch die Elektroautofirma Polestar, die von Volvo und Geely gegründet wurde und im September ein IPO per Fusion mit dem Spac (Special Purpose Acquisition Company) Gores Guggenheim des US-Milliardärs Alex Gores mit einer Bewertung von 20 Mrd. Dollar ankündigte. Sobald die Transaktion abgeschlossen ist, besitzt Volvo voraussichtlich fast 50% der Pole­star-Anteile. Mit der Entscheidung, auch selbst an die Börse zu gehen, fährt der etablierte Autohersteller, der 1927 in Göteborg gegründet wurde und seit Jahrzehnten vom Lkw-Konzern Volvo AB getrennt ist, auf gleicher Höhe mit der erst vier Jahre alten Elektroautofirma, die Volvo-Fabriken nutzt.

Volvo hat 2020 rund 660000 Autos verkauft, und Polestar will bis 2021 rund 29000 Fahrzeuge ausliefern, bevor neue Modelle hinzukommen, um die Präsenz deutlich zu vergrößern. Volvo sieht sich nun auf dem Weg zu einer „neuen Art des Autobesitzes“. Der Börsengang wird der größte in Schweden seit dem IPO des Telekomkonzerns Telia im Jahr 2000, der 8,9 Mrd. Dollar einbrachte – und zugleich die zweitgrößte Erstnotierung in Europa 2021 nach dem Debüt des polnischen E-Commerce-Konzerns Inpost.

Samuelsson sieht Meilenstein

Volvo-Chef Håkan Samuelsson bezeichnet das IPO als einen Meilenstein. So soll der Absatz bis 2025 auf 1,2 Millionen Fahrzeuge wachsen. Die operative Marge soll von 3,2% im Jahr 2020 auf 8 bis 10% steigen. Andere reine Elektroautohersteller wie Chinas Nio verkaufen nur wenige Autos, sind aber von Verbrennungsmotor-Altlasten befreit. Dass ihre Bewertungen hochschnellen, war ein Weckruf für die Branchengrößen.

Der Börsengang von Volvo wird zum Erfolg für die Muttergesellschaft Geely, die das Unternehmen 2010 für 1,8 Mrd. Dollar von Ford übernommen hatte. Unter Beibehaltung eines Großteils der Unabhängigkeit florierte der Autohersteller unter dem neuen Eigentümer, wobei China zum größten Markt wurde, gefolgt von den USA, Schweden und Deutschland. Nach der erfolgreichen Überarbeitung der Produktpalette mit Fahrzeugen wie dem Geländewagen XC90 hat sich Volvo 2021 das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2030 vollständig auf Elektroantrieb umzustellen.

Geely hatte 2018 IPO-Pläne für Volvo auf Eis gelegt, nachdem sich Investoren gegen die Bewertung von 30 Mrd. Dollar gesträubt hatten – und wegen des Handelsstreits mit den USA. Laut Bloomberg haben Unternehmen bis September weltweit 662 Mrd. Dollar durch IPOs eingenommen. Das ist ein Anstieg um die Hälfte gegenüber den 447 Mrd. Dollar im gleichen Zeitraum 2020.

In den ersten neun Monaten hat Volvo den Absatz um 18% auf 531000 Autos gesteigert, warnte jedoch, dass die Produktion in der zweiten Jahreshälfte durch Lieferausfälle und Materialengpässe wie die weltweite Chipkrise beeinträchtigt wird. Dies werde „sich auf den Umsatz und den Gewinn auswirken, aber der Ausblick bleibt bestehen“.