Givaudan muss in den Reservetopf greifen
dz Zürich –
Der Schweizer Aromen- und Riechstoffhersteller Givaudan will seinen Aktionären auch in diesem Jahr eine höhere Dividende offerieren. Der Vorschlag lautet auf 67 sfr pro Aktie – 1 sfr mehr als im Vorjahr. Die jährliche Dividendenerhöhung ist ein Versprechen, auf das die Givaudan-Aktionäre zählen können, seitdem die Firma im Zuge der Abspaltung von Roche im Jahr 2000 ihre Selbständigkeit erlangt hat.
Außer im Rezessionsjahr 2009 war der freie Cashflow von Givaudan auch immer mehr als groß genug, um diese Ausschüttung zu finanzieren. Doch heuer reicht der Überschuss der selbst erarbeiteten Mittel nicht aus, um den Aktionären die mehr als 600 Mill. sfr zu zahlen, die sie als ihren Anteil am letztjährigen Geschäftsergebnis betrachten. Damit liegt Givaudan deutlich hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Im Verhältnis zum Umsatz erreichte der freie Cashflow im zurückliegenden Jahr lediglich 6,7%, der Konzern strebt in der fünfjährigen Strategieperiode, die noch bis 2025 dauert, aber einen Durchschnittswert von 12% pro Jahr an.
Auch in puncto Verschuldung sind Givaudan Grenzen gesetzt. Sie beträgt aktuell das Dreifache des operativen Gewinns (Ebita) und liegt damit teilweise deutlich höher als bei der Konkurrenz. Im Berichtsjahr ist die Nettoverschuldung erneut um 3% gestiegen, während das Ebitda knapp auf Vorjahresniveau gehalten werden konnte. Der langjährige CEO Gilles Andrier zeigt sich im aktuellen Geschäftsbericht aber zuversichtlich, die Fünfjahresziele zu erreichen.
In den kommenden Monaten werde es darum gehen, das in den erhöhten Lagerbeständen gebundene Kapital freizulegen und weitere Preiserhöhungen durchzusetzen, lässt sich der Manager sinngemäß zitieren. In der näheren Zukunft dürfte das Umfeld aber herausforderungsreich bleiben, prophezeit Andrier. Der Manager meint natürlich das abgeschwächte Wirtschaftswachstum und den weltweiten inflationsbedingten Kostenanstieg.
Tatsächlich kam der größte Teil des im Berichtsjahr erzielten organischen Umsatzwachstums von 5,3% durch Preiserhöhungen zustande, sagte Andrier am Mittwoch gegenüber der Schweizer Nachrichtenagentur AWP. Gleichzeitig seien die Input-Kosten um rund 10% gestiegen, was die rückläufige operative Marge erklärt. Für das laufende Jahr sei aber nur noch ein Kostenanstieg von 5% und somit eine baldige Erholung von Margen und Cashflows zu erwarten.
Indessen sind die Risiken des Aromen- und Riechstoffgeschäfts 2022 in seltener Deutlichkeit zutage getreten. In den vergangenen zwölf Monaten haben die Givaudan-Titel mehr als ein Viertel ihre Wertes eingebüßt und damit deutlich schlechter abgeschnitten als Symrise. Der deutsche Mitbewerber profitiert in hohem Maße von seiner Position im lukrativen Markt für Haustiernahrung. Givaudan hat diesen Markt bewusst links liegen gelassen, um sich auf die Herstellung von Aromen und Riechstoffen zu konzentrieren – für die Produktmarken der Kunden ein wichtiges Differenzierungsmerkmal. Andrier distanziert sich mit dieser Aussage aus dem aktuellen Geschäftsbericht mindestens indirekt auch von der Idee, das Geschäftsfeld mittels transformativer Übernahmen oder Fusionen stärker auszuweiten. Spätestens 2025 muss er den Investoren beweisen können, dass sie damit am besten fahren.
Givaudan | ||
Kennzahlen nach IFRS | ||
in Mill. sfr | 2022 | 2021 |
Umsatz | 7117 | 6684 |
Ebitda | 1476 | 1482 |
in % des Umsatzes | 20,7 | 22,2 |
Freier Cashflow | 479 | 843 |
Gewinn | 856 | 821 |
pro Aktie (sfr) | 92,8 | 89 |
Dividende je Aktie (sfr) | 67 | 66 |
Nettoverschuldung | 4530 | 4394 |
Börsen-Zeitung |