Industrie-Start-up

Grand­perspective schließt Series A

Das Berliner Jungunternehmen bietet der Chemie- und Petrochemieindustrie eine Möglichkeit, Gaslecks aus weiter Entfernung aufzuspüren und zu analysieren. Die Finanzierungsrunde wurde von einem Investmentvehikel des weltgrößten Erdölförderers Saudi Aramco angeführt.

Grand­perspective schließt Series A

kro Frankfurt

Das 2018 gegründete Berliner Industrie-Start-up Grandperspective, das eine Frühwarnlösung gegen gefährliche Gaslecks in Chemie- und Petrochemieanlagen bietet, hat in einer Series-A-Finanzierungsrunde 7 Mill. Euro eingesammelt. Der Deal wurde mit einer Gruppe aus bestehenden Investoren sowie unter der Leitung von Saudi Aramco Energy Ventures (SAEV), einem Corporate-Venturing-Unternehmen des weltgrößten Erdölförderers Saudi Aramco, abgeschlossen, wie aus einer Mitteilung des High-Tech-Gründerfonds hervorgeht. Der öffentlich-private Frühphaseninvestor mit Sitz in Bonn gehört neben Brandenburg Kapital und Kineo Finance zu der genannten Gruppe von bestehenden Investoren. „SAEV ist bekannt für seine große Expertise in der Skalierung industrieller Innovationen“, sagte Grandperspective-Gründer und CEO René Braun. „Wir sehen eine einzigartige Chance, in dieser gemeinsamen Anstrengung einen neuen Standard für die Emissionsüberwachung zu setzen.“

Das Unternehmen mit derzeit etwa 20 Mitarbeitenden macht sich die so­genannte FTIR-Spektroskopie zu­nutze, eine optische Infrarot-Messtechnologie, die vielfach in Laboren zum Einsatz kommt, um chemische Verbindungen zu identifizieren. Mit dieser Technologie können die Sensoren von Grandperspective nach Unternehmensangaben aus meh­reren Kilometern Entfernung Aus­tritte von Gasen wie Ammoniak oder klimaaktiven Stoffen wie Methan erkennen und die chemische Zu­sammensetzung analysieren. Mit konventionellen Sensoren sei dies nicht möglich, heißt es, da diese nur funktionieren, wenn sie sich direkt in der Gaswolke befinden. Ein Drittel aller gefährlichen Gasleckagen werde aber durch diesen Umstand von den üblichen Sensoren nicht er­kannt.

Strengere Messvorschriften

Mit dem Geld will Grandperspec­tive das System nun weltweit kommerzialisieren und neue Softwareanwendungen entwickeln. In den Niederlanden wird das System bereits in Chemelot genutzt, einem der größten Chemieparks des Landes, in der südlichen Gemeinde Sittard-Geleen. Die durch die Messung und Analyse gewonnenen Daten dürften aus Sicht des Start-ups auch dabei helfen, künftige EU-Regelungen etwa zur Minderung von Methanemissionen einzuhalten. Eine entsprechende Strategie hatte die EU-Kommission­ im Oktober 2020 im Rahmen des European Green Deals für den Energiesektor, die Landwirtschaft und die Abfallwirtschaft vorgelegt. Methan trägt als zweitstärkstes Treibhausgas nach Kohlendioxid erheblich zum Klimawandel bei. In Europa entfallen 19 % aller Emissionen auf den Energiesektor.

Um die Klimaziele einzuhalten, muss der gesamte Ausstoß in der EU bis 2030 nach den Berechnungen der Kommission um 35 bis 37 % gegenüber 2005 gesenkt werden. Einen Schwerpunkt der Strategie bildet die Verbesserung der Datenlage und des darauf aufbauenden Reportings. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) liegt ein wichtiger Ansatz für die Reduktion von Methanemissionen daneben in der Erkennung und Reparatur von Lecks. Unter anderem durch den nahezu vollständigen Austausch von alten Graugussleitungen sei die Anzahl von Leckagen und Schäden an Gasleitungen in den letzten Jahrzehnten drastisch zurückgegangen.

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