Hermès wird Frankreichs zweitwertvollster Konzern
Hermès wird Frankreichs zweitwertvollster Konzern
Der Luxusgüteranbieter zeigt sich unbeeindruckt von der Konjunkturabschwächung – L‘Oréal enttäuscht in Asien
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Hermès und L'Oréal sind auf die Überholspur gewechselt. So hat der französische Kosmetikgigant vergangenes Jahr Estée Lauder als Nummer 1 im Luxussegment abgelöst. Gleichzeitig wurde L'Oréal von der Marktkapitalisierung her gerade von Hermès überflügelt. Der für seine Seidentücher und Kelly-Handtaschen bekannte Konzern ist zum CAC-40-Unternehmen mit dem zweithöchsten Marktwert nach LVMH aufgestiegen.
Investoren reagierten begeistert auf die starken Ergebnisse von Hermès, so dass die Aktie am Freitag 4,8% auf 2.174,50 Euro zulegte und der Luxusgüterhersteller nun an der Börse 229,6 Mrd. Euro wert ist. Der Kurs des Hermès-Papiers ist seit Anfang des Jahres um 13,3% gestiegen. Dagegen straften Anleger L'Oréal am Freitag an der Börse von Paris für enttäuschende Ergebnisse in Asien ab. Die L'Oréal-Aktie brach um 7,6% auf 418,80 Euro ein. Die Börsenkapitalisierung des Kosmetik-Branchenführers verringerte sich auf 223,9 Mrd. Euro.
Trotz der heftigen Börsenreaktion können sich die Ergebnisse von L'Oréal sehen lassen. Denn genau wie die anderen französischen Luxusgüterkonzerne mit Ausnahme von Kering hat der Kosmetikriese aus dem Pariser Vorort Clichy der Konjunkturabschwächung standgehalten. So hat L´Oréal den Umsatz im vergangenen Jahr um 7,6% auf 41,18 Mrd. Euro gesteigert.
Allerdings fiel das Umsatzwachstum bei Hermès mit 16% auf 13,4 Mrd. Euro noch höher aus. Im Schlussquartal verfehlte der Umsatz von L'Oréal mit einem Plus von 6,9% auf 10,6 Mrd. Euro zudem leicht die Erwartungen der Analysten, die laut Barclays im Schnitt mit 10,9 Mrd. Euro gerechnet hatten.
Besonders enttäuscht reagierten Marktteilnehmer darauf, dass L'Oréal sowohl im Gesamtjahr als auch im vierten Quartal weniger in Nordasien verkauft hat. Denn dort bekam der Konzern im Travel Retail vor allem auf der Insel Hainan, dem Hawaii Chinas, sowie in Südkorea die Auswirkungen der neuen chinesischen Regeln für die Daigou genannten Parallelmärkte zu spüren. Dabei erstehen Einkäufer Bestände auf anderen Märkten zu günstigeren Preisen, um sie dann auf dem Kontinent zu verkaufen.
Hermès dagegen zeigte sich unbeeindruckt von dem Gegenwind, den L'Oréal in Asien zu spüren bekam. Der Luxusgüterkonzern konnte in Asien, Japan ausgenommen, bei konstanten Wechselkursen 19% mehr als im Vorjahr verkaufen. In Japan legte der Umsatz um 26% zu. Auch die anderen Märkte verbuchten zweistellige Wachstumsraten. Unter dem Strich legte der Nettogewinn von Hermès um 28% auf 4,3 Mrd. Euro zu, der von L'Oréal um 8,4% auf 6,18 Mrd. Euro.
Nach den von einem Nachholeffekt geprägten Post-Covid-Jahren dürfte sich das Wachstum der Luxusgüterbranche in diesem Jahr laut einer Studie von Bain & Company auf 4% abschwächen. Für die am besten positioniertesten Marken dürfte es dabei am besten laufen. Da Hermès besonders bei ultra-reichen Kunden beliebt ist, dürfte der Konzern nach Ansicht von Analysten gut gegen die Abschwächung der Wirtschaft gewappnet sein.
Hermès ist sich dessen durchaus bewusst. Der Konzern kultiviert seinen exklusiven Ruf und ein knappes Angebot. Er hat deshalb jetzt beschlossen, die Preise in diesem Jahr um 8% bis 9% zu erhöhen. "Unsere Preispolitik wird oft nicht verstanden", sagt Hermès-Chef Axel Dumas. Sie basiere weder darauf, wie begehrenswert die Produkte seien, noch auf Marketing. Stattdessen basiere sie auf zwei Kriterien - nämlich der Qualität der Produkte, also der Kosten der Produktion und Herstellung, sowie den Auswirkungen der Wechselkurse. Daran habe sich nichts geändert, seit seine Mutter diese Prinzipien in den 80er Jahren eingeführt habe.
Trotz der wirtschaftlichen, geo- und geldpolitischen Unsicherheiten in der Welt bestätige die Gruppe mittelfristig ihre ambitionierten Wachstumsziele bei konstanten Wechselkursen, erklärte Hermès. L'Oréal äußerte sich ebenfalls zuversichtlich, Umsatz und Ergebnis 2024 steigern und das Wachstum der Kosmetikbranche insgesamt übertreffen zu können. Der Konzern sei mit einem starken Januar gut ins neue Jahr gestartet, sagte Konzernchef Nicolas Hieronimus.
Seine Zuversicht gründet er auf sieben Wachstumstreiber. Dazu gehört auch China. "Auch wenn es dort eine Abschwächung gibt, ist China alleine von seiner Größe her interessant." Für Nordamerika und Europa stimmt ihn unter anderem die Kaufkraft der Boomer-Generation optimistisch. "Sie machen 21% der Bevölkerung aus und geben mehr als andere für Kosmetik aus", erklärt er. "Sie sagen, dass 60 Jahre die neue 40 sind. Das kann ich nur bestätigen."