Hugo Boss schließt Filialen in Russland
kro Frankfurt
Der Modekonzern Hugo Boss hat mit seinem Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr an der Börse für Ernüchterung gesorgt. Für das MDax-Unternehmen aus dem schwäbischen Metzingen liefen die Geschäfte im vergangenen Jahr dank der weltweit anziehenden Konsumlust von Verbrauchern zwar besser als in Aussicht gestellt. Doch die für 2022 angepeilten Umsatz- und Ergebnisziele reichten teils nicht an das heran, was Analysten auf dem Zettel hatten − und wurden mit Blick auf die noch unklaren Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie als konservativ interpretiert.
„Wir dürfen die anhaltenden Unsicherheiten im makroökonomischen und geopolitischen Umfeld nicht ignorieren“, sagte Finanzchef Yves Müller bei der Präsentation der Jahreszahlen vor Journalisten. Zum jetzigen Zeitpunkt sei das konzernweite Geschäft vom Ausbruch dieses Krieges aber kaum betroffen. Russland und die Ukraine hatten zuletzt rund 3 % vom weltweiten Umsatz ausgemacht. „Wir sind überzeugt, dass wir das in anderen Bereichen kompensieren können“, sagte der seit Juni amtierende Konzernchef Daniel Grieder. Nachdem Hugo Boss als Reaktion auf die Entwicklungen in Russland in der vergangenen Woche zunächst nur das Online-Geschäft und die Marketing-Aktivitäten auf Eis gelegt hatte, sei man nun einen Schritt weiter gegangen. „Die Situation hat sich über das Wochenende verändert. Es ist schlimmer geworden“, so der CEO. Es seien daher nun alle 28 Filialen in Russland temporär geschlossen worden, wobei den rund 200 Mitarbeitenden weiter das Gehalt bezahlt werde. Das Management hofft, die Geschäfte in der zweiten Jahreshälfte wieder öffnen zu können. Es sei aber extrem schwer, vorherzusagen, wie sich die Dinge in der Ukraine entwickeln.
Wichtiges Ziel: Imagewechsel
Für das laufende Jahr hofft Hugo Boss auf ein Umsatzplus von 10 bis 15 % und auf eine Ebit-Steigerung von 10 bis 25 %. Die Dividende für das vergangene Jahr soll nun − nachdem Anleger zwei Mal in Folge wegen der Corona-Pandemie lediglich die gesetzliche Mindestdividende von 4 Cent je Aktie erhalten hatten − 70 Cent je Aktie betragen. Auch hier war am Markt mehr erwartet worden.
2021 hat sich der Konzern mit einem Umsatzplus von 43 % auf etwa 2,8 Mrd. Euro deutlich vom pandemiebedingten Einbruch im Vorjahr erholt. Das Vorkrisenniveau von 2019 verfehlte der Konzern aber trotzdem knapp. Mit seinen weltweit 451 Filialen (Stand Ende Dezember), den Outlets, eigenen Verkaufsbereichen in Warenhäusern, dem Online-, Großhandels- und Lizenzgeschäft erzielte Hugo Boss unter dem Strich einen Gewinn von 137 Mill. Euro. 2020 war es noch zu einem Verlust von 220 Mill. Euro gekommen.
Besonders stark entwickelte sich das Geschäft in Amerika mit einem Wachstum von 77 % (siehe Grafik). Hier kam Hugo Boss vor allem mit der Ausweitung des Angebots an Freizeitkleidung voran − ein Punkt, der für die Strategie des Konzerns besonders wichtig ist: „Es war unser Ziel, nicht nur als Hersteller formeller Bekleidung für Männer wahrgenommen zu werden“, sagte Grieder. „Wir wollen stattdessen als 24/7-Lifestyle-Marke für Männer und Frauen gesehen werden.“ Gleichzeitig versucht sich der Konzern seit einiger Zeit daran, verstärkt jüngere Kunden anzusprechen und investiert dafür kräftig in Social-Media-Marketing. Mit der Marke Boss will Grieder vornehmlich die zwischen dem Anfang der Achtzigerjahre und der Mitte der Neunzigerjahre geborene Gruppe der Millennials ansprechen. Die Marke Hugo soll sich an die ab Mitte der Neunzigerjahre geborene Generation Z richten.
Allerdings hat sich die hohe Empfänglichkeit dieser jungen Zielgruppe für politische Internet-Kampagnen in der jüngeren Vergangenheit auch schon als verhängnisvoll für manch westliche Modemarke erwiesen. Nachdem der schwedische Konzern H&M im Herbst 2020 entschieden hatte, aufgrund von Zwangsarbeitsvorwürfen keine Baumwolle mehr aus der chinesischen Provinz Xinjiang zu beziehen, sah sich das Unternehmen − und mit ihm auch andere Marken wie Adidas, Puma und Nike − wenig später in dem Land mit staatlich orchestrierten Boykottaufrufen konfrontiert. Auch Hugo Boss stand zwischenzeitlich im Kreuzfeuer, nachdem das Unternehmen mit anfänglich widersprüchlichen Aussagen zu dem Thema für Irritationen gesorgt hatte.
Von Finanzchef Müller hieß es diesbezüglich nun, dass Hugo Boss jetzt komplett auf Baumwolle aus Xinjiang verzichte. Das Unternehmen sei auch nicht von „irgendeiner Art von Boykott westlicher Marken getroffen“ und bei der Beschaffung generell weniger abhängig von China als andere Wettbewerber. Die Volksrepublik steuerte zuletzt 17 % vom gesamten Beschaffungs- und Produktionsvolumen von Hugo Boss bei. Den größten Teil (24 %) seiner Mode lässt Hugo Boss dagegen in der Türkei, oder genauer: in Izmir, produzieren. Der Standort soll in den nächsten Jahren noch ausgebaut werden, wofür das Unternehmen rund 10 Mill. Euro in die Hand nehmen will.
Hugo Boss | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2021 | 2020 |
Umsatz | 2 786 | 1 946 |
Ebit | 228 | − 236 |
Ebit-Marge (%) | 8,2 | −12,1 |
Ebitda | 568 | 230 |
Konzernergebnis | 137 | − 220 |
Free Cashflow | 559 | 164 |
Eigenkapitalquote (%) | 34 | 30 |
Mitarbeitende | 14 041 | 13 759 |
Börsen-Zeitung |