Energiekonzern

Iberdrola-Chef kritisiert Regierung

Der iberische Sonderweg bei der Deckelung der Erdgaspreise für die Stromerzeugung stößt bei Sánchez Galán auf harte Kritik. Der Iberdrola-CEO fordert stattdessen eine Reform des Tarifsystems im Lande. Der Gewinn des Energiekonzerns im ersten Quartal wurde von den Geschäften in den USA und Brasilien getrieben.

Iberdrola-Chef kritisiert Regierung

ths Madrid

Ignacio Sánchez Galán scheut seit Jahren vor offener und scharfer Kritik an der Wirtschaftspolitik der spanischen Regierung nicht zurück. Bei der Vorlage der Quartalszahlen des Energieversorgers Iberdrola am Mittwoch rechnete der CEO mit der Ausnahmeregel im europäischen Strommarkt, die Spanien und Portugal jüngst errungen haben, ab. „Spanien ist keine Energieinsel“, bekräftigte Sánchez Galán gegenüber Analysten.

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez und sein portugiesischer Amtskollege António Costa hatten auf dem letzten Gipfel der Europäischen Union Ende März eine Sondergenehmigung zur Deckelung der Erdgaspreise bei der Stromerzeugung herausgeholt, mit dem Argument, die Iberische Halbinsel sei kaum mit dem Strommarkt im Rest Europas verknüpft und daher eine „Energieinsel“. Am Dienstag gab die Europäische Kommission grünes Licht für die Pläne von Madrid und Lissabon.

Der Preis, den Stromerzeuger für Erdgas zahlen, wird ab Mai auf 40 Euro pro Megawattstunde begrenzt und steigt danach auf 50 Euro an. Die Regel gilt für zwölf Monate. Damit wollen Sánchez und Costa die explodierenden Strompreise für Haushalte und Unternehmen in Schach halten. Doch wer die Zeche zahlt, ist noch nicht ganz klar. Aus dem Staatsbeutel soll das Geld zur Entschädigung der Betreiber von Gaskraftwerken jedenfalls nicht kommen. Die Kosten sollen nach dem Willen der Linksregierung in Madrid auf das Stromsystem umgelegt werden und könnten daher letztlich doch auf die Kunden abgewälzt werden.

Der Iberdrola-Chef hält nichts von diesem iberischen Sonderweg und besteht stattdessen auf einer „europäischen Lösung“ für die hohen Energiekosten. Sánchez Galán kritisierte erneut das eigentümliche spanische Stromsystem, in dem 60% der Kunden feste Tarife zahlen und die übrigen 40% Verträge haben, die vom täglichen Auf und Ab der Märkte abhängen. Letztere Kunden haben zuletzt den massiven Anstieg der Energiepreise, angetrieben durch den Krieg in der Ukraine, zu spüren bekommen. Der Vorsitzende plädiert daher dafür, diesen sogenannten „regulierten“ Tarif zu reformieren und an die langfristige Preisentwicklung auf den Energiemärkten zu binden. Damit würden die Haushalte und Unternehmen nicht mehr von den plötzlichen Preisexplosionen an bestimmten Tagen betroffen sein.

Bei aller Kritik an der eigenen Regierung räumte Sánchez Galán ein, dass Iberdrola selbst kaum von der Gaspreisdeckelung betroffen sein wird, da man die Stromproduktion für dieses Jahr in Spanien bereits zu einem festen Preis verkauft habe. Für eine endgültige Einschätzung müsse er jedoch noch die Details der Deckelung abwarten, die kommende Woche bekannt werden.

Im ersten Quartal verdarb der Anstieg der Erdgaspreise Iberdrola das Ergebnis in Spanien. Da man hauptsächlich Verträge zu festen Tarifen habe, musste der Konzern mehr fossile Energie einkaufen, zumal die Produktion der erneuerbaren Energien daheim schwächelte und ein Atomkraftwerk vorübergehend abgeschaltet werden musste. Diese Trends würden sich im Rest des Jahres nicht fortsetzen.

Prognose steht

Iberdrola verbuchte in den ersten drei Monaten des Jahres einen Reingewinn von 1,06 Mrd. Euro, 3% mehr als im Vorjahreszeitraum. Während der Gewinn in Spanien um fast 30% einbrach, legten die Töchter Avangrid in den USA und Neoenergia in Brasilien um 33% beziehungsweise 20% zu. Der Umsatz stieg um 20% auf 12 Mrd. Euro. Im ersten Quartal investierten die Spanier 2,1 Mrd. Euro, davon 91% in erneuerbare Energien und Netzwerke. Trotz der instabilen internationalen Lage und dem Ärger über die Politik in Spanien hält Iberdrola an seiner Prognose für dieses Jahr fest und erwartet einen Reingewinn von 4 bis 4,2 Mrd. Euro.

Wertberichtigt Seite 8