Iliad will Vodafone Italia schlucken
bl Mailand
Das französische Internet- und Mobilfunkunternehmen Iliad hat bestätigt, Vodafone ein Angebot zur Übernahme des gesamten italienischen Geschäfts gemacht zu haben. Weitere Einzelheiten dazu nannte Iliad-CEO Thomas Reynaud nicht. Auch Angaben zur Höhe der Offerte wurden nicht gemacht. Analysten der Banca Akros rechnen mit einem Übernahmepreis von mehr als 10 Mrd. Euro, andere Quellen sprechen von 14 Mrd. Euro.
Bereits seit Wochen wird über eine Konsolidierung auf dem sehr wettbewerbsintensiven italienischen Mobilfunk- und Internetmarkt spekuliert. Im Januar war noch von einer möglichen Partnerschaft zwischen Vodafone und Iliad die Rede. Iliad hatte entsprechende Pläne dementiert.
Mit der Übernahme entstünde ein Koloss, der Marktführer Telecom Italia (TIM) im Mobilfunkmarkt von Platz 1 verdrängen würde und auf einen kumulierten Umsatz von mehr als 6 Mrd. Euro käme. Vodafone ist derzeit laut der Agcom, der Aufsichtsbehörde für das Telekommunikationswesen, im Mobilfunkmarkt mit einem Marktanteil von 28,5% ganz knapp hinter TIM (ebenfalls 28,5%) und vor Wind Tre (CK Hutchison) mit 24,8% die Nummer 2. Auf Platz 4 liegt Iliad mit 7,7%. Die Franzosen haben aber mit ihrem Markteintritt 2018 und mit ihrer sehr aggressiven Preispolitik den Telekommarkt aufgemischt und kommen derzeit auf etwa 8,5 Millionen Kunden. Sie bieten 120 Gigabyte Internetvolumen sowie unbegrenzte Telefonie und SMS für monatlich unter 10 Euro an. In der Vorwoche sind sie mit ähnlichen Kampfpreisen auch in Italiens Festnetzmarkt eingestiegen. Schon ab 15,99 Euro im Monat gibt es ultraschnelles Internet über Glasfaser. Vodafone ist in diesem Segment mit einem Anteil von 16% auf Platz 2 hinter TIM (43,9%), aber vor der Swisscom-Tochter Fastweb (14,7%) und Wind Tre (13,8%).
Vodafone kommt in Italien auf einen Umsatz von mehr als 5 Mrd. Euro, verliert aber seit mehr als einem Jahr drastisch an Umsatz und schreibt rote Zahlen. Iliad Italia wies für 2020/21 (31.3.) einen Umsatz von 674 Mill. Euro in Italien aus. Die Tochter des französischen Telekomkonzerns wird mehrheitlich von dem Medien-Tycoon (u. a. Le Monde) und Milliardär Xavier Niel kontrolliert.
Das Vorhaben steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Kartellbehörden. Beobachter werten eine Übernahme als eher positiv für TIM, für die der Finanzinvestor KKR im November eine Offerte über 10,8 Mrd. Euro vorgelegt hat. Durch die Reduzierung von vier auf drei Anbieter im Mobilfunkmarkt könne der Wettbewerbsdruck abnehmen, glauben die Beobachter. TIM hatte in den vergangenen Monaten mehrere Gewinnwarnungen herausgeben müssen und steht stark unter Druck. Der TIM-Aktienkurs gab am Dienstag in Mailand um 0,9% auf 41,43 Cent nach, Vodafone verloren in London 0,3% auf 136,94 Pence.
Es ist aber noch unklar, ob TIM tatsächlich verkauft wird. Die italienische Regierung kann dagegen ein Veto einlegen und betrachtet zumindest Teile des Unternehmens als strategisch. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass das Unternehmen in eine Netz- und eine Dienstleistungssparte aufgeteilt wird, die möglicherweise beide börsennotiert sein sollen. TIM-Großaktionär Vivendi (23,9%) lehnt zudem die KKR-Offerte ab.