Finanzielle Schieflage

Immer mehr Gastronomiebetriebe von Insolvenz bedroht

Etwa 15.000 Gastronomieunternehmen in Deutschland sind einer aktuellen Analyse zufolge insolvenzgefährdet. Mit steigendem Mehrwertsteuersatz könnte sich die Lage noch verschärfen. Auch Umsatz und Beschäftigtenzahlen liegen in vielen Betrieben unter dem Vor-Corona-Niveau.

Immer mehr Gastronomiebetriebe von Insolvenz bedroht

15.000 Gastronomiebetriebe sind insolvenzgefährdet

Crif-Analyse zeigt weiteren Anstieg – Umsatz und Beschäftigtenzahl der Branche laut Destatis unter Niveau von 2019

sar Frankfurt

Die Zahl der Gastronomieunternehmen in Deutschland, die von einer Insolvenz bedroht sind, liegt deutlich höher als vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Das zeigt eine Auswertung des Informationsdienstleisters Crif, für die Informationen zur Finanzlage von knapp 120.000 Gastronomieunternehmen ausgewertet wurden.

Demnach galten laut der Crif-Analyse Mitte November 15.069 Restaurants, Gaststätten, Imbisse und Cafés in Deutschland als insolvenzgefährdet. Das entspricht 12,6% der analysierten Betriebe und ist ein Anstieg um 6% im Vergleich zum August 2023. Im Januar 2020, vor der Corona-Pandemie, lag die Zahl insolvenzgefährdeter Gastronomiefirmen bei 10,7%. Den Unternehmen setzen die steigende Inflation, höhere Energie- und Arbeitskosten sowie der Trend zu Homeoffice zu.

Dadurch nutzen weniger Arbeitnehmer ihre Mittagspausen für Besuche in Restaurants oder Cafés. Die Ausgaben privater Haushalte für Restaurant und Hotel lagen 2022 nach Angaben von Eurostat immer noch um 2,4% unter den Werten vor der Pandemie.

Im kommenden Jahr werden die Insolvenzen in der Gastronomie weiter steigen.

Frank Schlein, Geschäftsführer Crif Deutschland

Besonders prekär ist die Lage derzeit für Gastronomen in Berlin, wo 16,5% der Unternehmen als insolvenzgefährdet gelten. Bis zum Jahresende 2023 erwartet Crif 1.600 Insolvenzen in der Branche, das wäre eine Zunahme von 36,5% im Vergleich zum Vorjahr.

Wenn im Januar der Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie von derzeit 7% wieder auf 19% steigt, könnte dies zu weiter steigenden Insolvenzzahlen in der Gastronomie führen. „Die Anhebung der Mehrwertsteuer wird vor allem für bereits finanziell angeschlagene Gastronomiebetriebe die Lage weiter verschärfen“, erwartet Crif-Deutschland-Geschäftsführer Frank Schlein. „Im kommenden Jahr werden die Insolvenzen in der Gastronomie weiter steigen.“

Allerdings verweist Schlein auf eine starke Zweiteilung in der Branche. „Unternehmen, die sich in einer stabilen finanziellen Lage befinden, haben ihre Widerstandsfähigkeit weiter gestärkt. Hingegen sehen sich Gastronomiebetriebe, die bereits zuvor mit Problemen zu kämpfen hatten, vermehrt mit der Gefahr der Insolvenz konfrontiert“, bilanziert Schlein.

Wie angespannt die Situation in vielen Betrieben ist, zeigt auch der Blick auf die Beschäftigtenzahlen und den Umsatz. Beide liegen in der Branche noch deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau, zeigen aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis).

Branche braucht weniger Personal

Im September 2023 musste die Branche preis-, kalender- und saisonbereinigt einen Umsatzrückgang von 0,2% im Vergleich zum Vorjahresmonat und von 12,6% zu September 2019 verbuchen, dem Vergleichsmonat vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Betriebe im Bereich Getränkeausschank müssen im Vergleich zum Herbst 2019 sogar mit einem Umsatzrückgang von 34,5% auskommen.

Caterer liegen 15,6% unter dem Vor-Pandemie-Niveau. In Restaurants, Gaststätten und Cafés fällt der Umsatz laut Destatis-Zahlen noch 8,1 % niedriger aus als im September 2019. Entsprechend beschäftigt die Branche auch weniger Personal. Zwar ist die Zahl der Beschäftigten in der Gastronomie im September im Vergleich zum Vormonat um 4% gestiegen, sie liegt aber immer noch 6,7% unter dem Niveau von September 2019.

Nur wenige Neugründungen überleben

Besonders groß fällt der Rückgang der Beschäftigten im Bereich Getränkeausschank aus (−12% gegenüber September 2019) sowie bei Catering-Betrieben (−8,6%). Restaurants, Gaststätten und Cafés liegen am nächsten am Personalbestand vor Ausbruch der Pandemie, das Minus im Vergleich zum September 2019 beträgt bei ihnen noch 4,1%.

Neugründungen haben es im Gastronomie-Bereich nach wie vor schwer: Zwar übersteht Destatis zufolge ein Großteil das erste Jahr nach der Gründung, nach fünf Jahren ist allerdings nur noch jedes dritte Gastronomieunternehmen am Markt. 2021 waren 80,2% der im Vorjahr gegründeten Gastronomiebetriebe noch aktiv, von den fünf Jahre zuvor gegründeten waren es nur noch 32%.

Damit liegt die Überlebensrate für Gastronomiebetriebe nach fünf Jahren auch deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt von 37,8%.

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