Importzölle stützen Europas Stahlhersteller

Analyst: Reich der Mitte verliert Preiseinfluss - Antidumping-Maßnahmen gegen weitere Länder

Importzölle stützen Europas Stahlhersteller

scd Frankfurt – Die Antidumping-Schritte der Europäischen Kommission haben die Situation für Europas Stahlindustrie merklich gebessert. Zu dieser Einschätzung kommt Stahlindustrie-Analyst David Varga vom Bankhaus Metzler. Nach der jüngsten Erholung erwartet er auch mittelfristig stabile Preisen für Stahlprodukte mit hohem Importanteil wie Warmbandstahl oder Grobbleche. Die beiden Stahlvarianten waren bis weit ins vergangene Jahr hinein aufgrund von billigem Importstahl aus China unter starken Preisdruck geraten. Die Erhebung bzw. Anhebung von Einfuhrzöllen auf diese Stahlprodukte aus dem Reich der Mitte haben den Import in die EU allerdings binnen kürzester Zeit nahezu zum Erliegen gebracht (siehe Grafik). Einfuhren stürzen abInsgesamt seien die Einfuhren aus China in die EU vom Höhepunkt mit einer Million Tonnen monatlich Ende 2015 um zwei Drittel gesunken. Die jüngst verhängten Strafzölle bei feuerverzinkten Stahlerzeugnissen könnten zur Folge haben, dass Exporte Chinas in die EU auf nur noch ein Zehntel der Ende 2015 gelieferten Stahlmenge abschmelzen könnten. “Der Preiseinfluss Chinas ist vorbei”, urteilt Varga. Als Folge seien die Preise für Stahl in Europa von ihrem tiefen Niveau im vergangenen Jahr wieder leicht gestiegen.Varga erklärt diesbezüglich allerdings, dass auch andere Faktoren als China zu der Erholung beigetragen hätten. So hätten die Preise einiger Rohstoffe (darunter Eisenerz) zuletzt kräftig angezogen. Das erleichtere es den Stahlkonzernen, in Verhandlungen mit ihren Kunden höhere Preise durchzusetzen. Zudem sei die Nachfrage robust bei stabilen bis leicht zurückgefahrenen Produktionskapazitäten.”Bewegte sich der Stahlmarkt vor kurzem noch in turbulentem Fahrwasser, gibt es inzwischen mehrere stabilisierende Faktoren”, befindet Varga. Nach dem “Erfolg” der Einfuhrzölle auf chinesischen Stahl würden nun auch weitere Antidumping-Maßnahmen von der Europäischen Kommission erwogen, so Varga. Geplant sei ein Minimum-Importpreis von rund 470 Euro je Tonne Warmbandstahl. Betroffen wären wohl Brasilien, Russland, Ukraine und Iran. Zudem könne er sich Beschränkungen für Importe aus weiteren Ländern wie Indien und Türkei vorstellen, die in den vergangenen Monaten vom Rückgang der China-Exporte in die EU mit wachsenden Ausfuhren nach Europa profitiert hatten und ebenfalls die Preise drücken.Mit einem Minimum-Importpreis werde allerdings nicht nur eine Untergrenze eingezogen, sondern auch ein gewisses Limit nach oben gesetzt, glaubt Varga. Er schätzt, die Bandbreite, in der sich der Preis für Warmbandstahl künftig bewegen dürfte, werde relativ stabil zwischen 470 und 550 Euro liegen. Gefährdet wären diese wohl nur, wenn die USA Stahlimporte als schädlich einstuft und drastisch beschränkt. Doch auch da hätte die EU Optionen, den Preis in Europa zu stabilisieren.Entsprechend ist der Metzler-Analyst optimistisch für die deutschen Stahlkonzerne. Das gilt vor allem für Salzgitter, der Varga ein Kursziel von 56 Euro zutraut. Aktuell notieren die Titel bei 37 Euro. “Salzgitter verdient sogar ihre Kapitalkosten – in der Branche ist das durchaus selten”, sagt Varga. Die Ebitda-Marge von 13,6 % zähle zu den höchsten aller europäischen Wettbewerber. Für Thyssenkrupp wiederum hänge viel an der Transaktion mit Tata Steel, der Varga mit 250 Mill. Euro weniger Synergiepotenzial attestiert als andere Branchenbeobachter, die mit doppelt so viel rechnen.