Kartellamt verhängt kaum noch Bußgelder
ab Düsseldorf – Man kann es kaum glauben: Das Bundeskartellamt hat im zu Ende gehenden Jahr lediglich 24 Mill. Euro Bußgeld verhängt. Doch die Zahl der Durchsuchungen – zwölf plus sechs im Wege der Amtshilfe – ist „die höchste seit Jahren“, fasste Kartellamtspräsident Andreas Mundt in seinem Jahresrückblick zusammen. „Das sendet ein deutliches Signal: Kein Kartell kann sich sicher fühlen“, betonte Mundt.
Dass die verhängten Bußgelder 2022 so niedrig ausfielen wie zuletzt 2006, ist nach Einschätzung der Wettbewerbshüter auf die Pandemie zurückzuführen, welche die Kartellverfolgung erschwert habe. Hier geht Mundt jedoch absehbar von einer Normalisierung aus. Die verhängten Bußgelder verteilen sich auf 20 Unternehmen und sieben Personen. Von der Kronzeugenregelung machten im zurückliegenden Turnus 13 Unternehmen Gebrauch, auch das ein rückläufiger Trend. Gleichwohl versichert der Behördenchef: „Die Aufdeckung bleibt effektiv.“
Der russische Angriff auf die Ukraine und die damit verbundene Energiekrise hat auch die Arbeit der Kartellwächter beeinflusst, ging es doch vielfach darum, krisenbedingte Kooperationen zu ermöglichen, um etwaigen Mangellagen vorzubeugen. Zugleich beobachtete die Bonner Behörde Einzelmärkte wie die Raffinerien im Mineralölsektor „engmaschig“.
Neben dem Umgang mit den diversen Krisen stand die Digitalwirtschaft auch 2022 im Brennpunkt. Die nach der Verschärfung der Missbrauchsaufsicht eingeleiteten Verfahren gegen Meta, Amazon und Google seien abgeschlossen worden. Dabei seien erste konkrete Verbesserungen erwirkt worden. Die noch laufenden Verfahren würden mit hoher Priorität vorangetrieben. Zugleich habe die Behörde in der Digitalwirtschaft von der Befugnis zu Sektoruntersuchungen Gebrauch gemacht. Vorgelegt wurde in diesem Zusammenhang der Diskussionsbericht zu nicht suchgebundener Online-Werbung, die Untersuchung zu Messenger- und Videodiensten stehe kurz vor dem Abschluss. Zudem wurde eine Untersuchung zum Scoring bei Online-Shopping eingeleitet.
Auch in puncto Fusionskontrolle blieb die Arbeit beachtlich, auch wenn die Zahl der Fusionsprüfungen im zu Ende gehenden Jahr weiter rückläufig war. Die Ursachen für den Rückgang seien vielfältig und nicht eindeutig auf die 2021 gesetzlich angehobenen Aufgreifschwellen zurückzuführen. „Die gegenwärtig hohe Inflation könnte sich perspektivisch auf die Anzahl der Anmeldungen auswirken“, glaubt Mundt.
800 Fusionen geprüft
Konkret wurden 800 Zusammenschlussvorhaben unter die Lupe genommen, acht davon mündeten in eine vertiefte Prüfung. Letztlich wurde ein Vorhaben untersagt, zwei weitere Fälle (Tankenstellenübernahme, Energieversorgung) wurden unter Auflagen genehmigt. In zwei Fällen zogen die beteiligten Unternehmen ihren Antrag zurück, in drei Fällen dauert die Prüfung noch an.