Keine Insolvenzwelle bei Unternehmen in Sicht
dwo Düsseldorf
Die Krise ist noch nicht vorbei – und die Zahl der Firmenpleiten weiter rückläufig. Dass die im vergangenen Jahr ursprünglich einmal gefürchtete Insolvenzwelle trotz verzögerter Rückkehr zur wirtschaftlichen Normalität in der Pandemie auch 2021 nicht in Sicht ist, unterstreichen neue Zahlen von Creditreform. Die Wirtschaftsauskunftei rechnet im ersten Halbjahr mit 8 800 Unternehmensinsolvenzen, 1,7 % weniger als im Vorjahreszeitraum (8 950). Die staatlichen Coronahilfen und Eingriffe machen sich demnach weiter in einem verzerrten Insolvenzgeschehen bei Unternehmen bemerkbar, wenngleich hier der rückläufige Trend der Insolvenzzahlen im Vergleich mit den Vorjahreszeiträumen und insbesondere mit der paradoxen Entwicklung 2020 an Fahrt verloren hat.
Vor allem die umstrittene, vorübergehende Aufhebung der Insolvenzantragspflicht wirkte bis zuletzt nach. Seit Anfang Mai sind neben zahlungsunfähigen auch überschuldete Firmen im Insolvenzfall wieder regulär zum Gang zum Amtsgericht verpflichtet, in der Statistik zeigt sich das laut Creditreform aber noch nicht. Während gleichzeitig die Verbraucherinsolvenzen infolge einer Rechtsänderung Ende vergangenen Jahres von gut 28 000 auf schätzungsweise 46 000 hochschnellten und die Gesamtzahl aller registrierten Insolvenzen auf den höchsten Stand seit sieben Jahren trieben, sind also auch die Firmenpleiten noch durch Sondereffekte beeinflusst – nur eben in die andere Richtung.
Es traf vor allem die Kleinen
Besonders Großinsolvenzen, bei denen die Auskunftei im ersten Pandemiejahr noch einen deutlichen Zuwachs vermerkt hatte, kamen nun deutlich seltener vor. Bei Unternehmen über 25 Mill. Euro Jahresumsatz wurden im ersten Halbjahr 80 Pleiten und damit ein Rückgang um ein Drittel verzeichnet. Das auffälligste Beispiel war der Modehändler Adler gleich zum Jahresbeginn.
Viele andere hätten augenscheinlich bereits im ersten Lockdown die Reißleine gezogen, heißt es in der Analyse aus Neuss. Kleine Unternehmen versuchten demnach zunächst häufig noch, „die Durststrecke zu überstehen“. Das rächte sich nun: In der Umsatzklasse bis 250 000 Euro stiegen die Fallzahlen gegen den Trend im zweistelligen Prozentbereich und machten mehr als die Hälfte aller Firmenpleiten aus.
Insgesamt hielt diese Entwicklung die Auswirkungen auf Gläubiger und Beschäftigte in Grenzen. Das Schadensvolumen sank laut der Creditreform-Ökonomen durch die ausbleibenden Großinsolvenzen auf 12,0 Mrd. Euro – von 15,6 Mrd. Euro zur Jahresmitte 2020. Im Schnitt muss pro Insolvenzfall mit Forderungsverlusten von 1,4 Mill. Euro gerechnet werden. Rund 90 000 Mitarbeiter waren von der Pleite ihrer Arbeitgeber betroffen, 35 000 weniger als im Berichtshalbjahr des Vorjahres.
Handel betroffen
Der besonders stark vom Lockdown betroffene Handel vermeldete in den ersten sechs Monaten eine Zunahme der Insolvenzen um 3,8% auf 1920 Fälle. Nach einigen großen Pleiten wie bei Karstadt Kaufhof oder Hallhuber 2020 traf es nun auch hier vornehmlich kleinere Händler. Auch bei den Dienstleistern stieg das Insolvenzgeschehen um 0,2 %; Mit 5120 Fällen steht der Sektor für 58 % aller Pleiten. Deutlich rückläufig war die Entwicklung derweil im verarbeitenden Gewerbe (minus 23,6 %) sowie in der Baubranche (minus 4,7 %) – beide zusammen kamen noch auf 1760 Insolvenzen.