Krise in Südafrikas Goldminenindustrie spitzt sich zu

Verkauf der Inlandsassets von Anglogold Ashanti an Harmony vor dem Aus - Mit 16 000 Jobs sind 14 Prozent aller Stellen gefährdet - Sibanye investiert in USA

Krise in Südafrikas Goldminenindustrie spitzt sich zu

Die südafrikanische Goldminenindustrie, einst der ganze Stolz des Landes, hat den Glanz verloren. Es droht der Verlust Tausender Jobs. Und ein Deal, der der Branche Luft verschafft hätte, nämlich der Verkauf der Inlandsassets von Anglogold Ashanti an Harmony, steht vor dem Aus.Von Martin Dunzendorfer, FrankfurtEinst war die Goldminenindustrie Südafrikas ganzer Stolz. Jahrzehntelang bestimmte die Förderung am Kap die Angebotslage und den Preistrend auf dem Weltmarkt. 1970 stand das Land für über zwei Drittel der globalen Goldproduktion und förderte fünfmal so viel wie die Nummer 2, Russland. Doch das ist Schnee von gestern. Nach der Jahrtausendwende verlor man zunächst die Marktführerschaft (2007), dann wurde man nach unten durchgereicht. Zuletzt reichte es gerade noch für Rang 7 unter den wichtigsten Förderländern (siehe Grafik).Für die Binnenwirtschaft ist die ehemalige Vorzeigebranche Südafrikas aber immer noch immens wichtig. Umso schlimmer, dass sich deren Krise immer mehr ausweitet. Die Reserven an edelmetallhaltigen Erzen sind weitgehend erschöpft, daher werden die in die Jahre gekommenen Minen immer tiefer getrieben; sie sind die mit Abstand tiefsten auf der Welt. Damit steigt aber das Gefahrenpotenzial für die Kumpel. Zudem sind die Gruben in Südafrika – im Gegensatz zu denen in den meisten anderen Ländern – noch stark auf menschliche, nicht Maschinen-Arbeit ausgerichtet. Die Abbaumethoden scheinen mitunter dieselben wie vor 50 Jahren zu sein. Wegen der im Vergleich zu anderen Förderländern – etwa Kanada, USA und Australien – sehr hohen Produktionskosten sind die Ergebnisse der Unternehmen aber meist mager, oft wird sogar defizitär gearbeitet.Zwar kommt die Konsolidierung durch Minenschließungen und M & A-Transaktionen voran, doch werden Übernahmen dadurch erschwert, dass die Regierung stark auf die Branche Einfluss nimmt, um gesellschaftspolitische Ziele zu erreichen. Infolgedessen droht nun der Verlust Tausender Jobs. Da die Kumpel in Südafrika überwiegend über eine nur geringe Bildung verfügen, in der Regel angelernte Arbeiter sind – also keine richtige Ausbildung genossen -, aus den ärmsten Bevölkerungsschichten stammen und meist in strukturschwachen Regionen leben, könnte dies zu schweren Unruhen in dem Land führen. Staat bestimmt FirmenpolitikEin Deal, der der angeschlagenen Branche vielleicht etwas Luft verschafft hätte, ist nun endgültig ins Stocken geraten und steht vor dem Aus. Die ohnehin schwierigen, sich seit zwei Jahren hinziehenden (und offiziell nicht bestätigten) Gespräche über den Verkauf der inländischen Assets des größten südafrikanischen Goldproduzenten, Anglogold Ashanti, an den drittgrößten Förderer des Landes, Harmony Gold Mining, könnten scheitern, weil die Unsicherheit auf beiden Seiten hinsichtlich der Folgen der jüngsten Gesetzesänderungen für die inländische Minenindustrie sehr groß ist.In einem Gesetz wird von der Minenindustrie verlangt, die Quote der Anteilseigner mit schwarzer Hautfarbe zu steigern. Die Umsetzung dieser Vorgabe und die damit verbundenen monetären Nachteile für die Konzerne sind praktisch unkalkulierbar. Zudem wurde der Industrie von der Regierung eine ganze Reihe von Sonderabgaben aufgebürdet.Schon oft hat Peter Steenkamp, CEO von Harmony, erklärt, dass Akquisitionen nötig seien, um die Reserven zu stärken. Einige der heute von Harmony ausgebeuteten Minen gehörten früher Anglogold. Steenkamp und Srinivasan Venkatakrishnan, CEO von Anglogold, kennen sich also gut. Dennoch wird sich Harmony, die von den großen Goldproduzenten Südafrikas die höchsten Förderkosten ausweist, unter diesen Umständen kaum auf den Kauf von Anglogolds Minen einlassen, die das Unternehmen nach Schätzungen zwischen 500 Mill. und 650 Mill. Dollar kosten würden; das entspricht einem Großteil der gegenwärtigen Marktkapitalisierung von umgerechnet etwa 750 Mill. Dollar.Harmony betreibt fast ausschließlich Minen in Südafrika, deren “Lebensdauer” – die Zeit, in der Edelmetalle rentabel gefördert werden können – dem Ende zugeht. Die damit verbundenen extrem hohen Kosten wirken wie ein Hebel auf die Ergebnisse, aber auch den Kurs der Aktie, wenn der Goldpreis sich in die eine oder andere Richtung bewegt. Nummer 3 nach AusstoßHinter der kanadischen Barrick, dem nach Ausstoß größten Goldkonzern weltweit, und der US-amerikanischen Newmont Mining ist Anglogold Ashanti immer noch der drittgrößte Goldproduzent. Im vergangenen Jahr wurden 3,6 Mill. Unzen (je 31,1 Gramm) gefördert; das waren 8 % weniger als 2015. Dieses Jahr sollen es 3,6 bis 3,75 Mill. Unzen werden. An vierter und fünfter Stelle folgten 2016 Goldcorp (3,5 Mill. Unzen) und Kinross Gold (2,8 Mill.), beide aus Kanada. An der Börse werden die Konzerne allerdings stark unterschiedlich bewertet (siehe Tabelle), denn Investoren beziehen neben den Finanzkennzahlen unter anderem Kriterien wie den Unternehmenssitz, die Regionen, in denen gefördert wird, durchschnittliche Produktionskosten und Reserven in ihre Anlageentscheidungen mit ein. Und im Vergleich zu nordamerikanischen oder australischen Minenbetreibern haben südafrikanische da klar das Nachsehen.Das Fördervolumen der südafrikanischen Minen von Anglogold, das rund ein Viertel der jährlichen Goldproduktion des Konzerns ausmacht, ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen – unter anderem wegen vorübergehender Minenschließungen aufgrund von Sicherheitsproblemen. Zudem sind die Beziehungen zu den Gewerkschaften schwierig. Die Probleme mit den Behörden und explodierende Kosten aufgrund der enormen Schachttiefen haben dazu geführt, dass CEO Venkatakrishnan die Aktivitäten in Südafrika auf den Prüfstand gestellt hat – immerhin das wird bestätigt. Ziel sei es, die Margen wieder in den Griff zu bekommen. Ein Plan von 2014, die Minen in Südafrika in eine eigene Gesellschaft auszugliedern, wurde allerdings nach starkem Widerstand aus dem Aktionärskreis wieder auf Eis gelegt. Zu gern würde sich Anglogold auf die Minen in den acht anderen Ländern, wo man tätig ist, konzentrieren, darunter Ghana und Brasilien. Doch danach sieht es nun weniger denn je aus.Als Folge des sich abzeichnenden Scheiterns des Assetverkaufs erklärte Anglogold, rund 8 500 Jobs ständen in Südafrika auf der Kippe; das wäre jede dritte Stelle. Inzwischen schloss sich ein Wettbewerber, Sibanye Gold, der Ankündigung an, wegen drohender Verluste Jobs zu streichen. Bei Sibanye könnten bis zu 7 400 Beschäftigte ihre Arbeit verlieren. Damit sind 14 % aller in Südafrikas Goldindustrie beschäftigten Arbeitsplätze gefährdet. Dabei liegt die Arbeitslosenquote im Land schon jetzt bei 28 %. 2,2 Mrd. Dollar für StillwaterBei den Gewerkschaften stößt die Ankündigung Sibanyes auf wenig Verständnis; man verweist auf die Ende 2016 bekannt gegebene Übernahme der US-amerikanischen Stillwater Mining, Nordamerikas führendem Produzenten von Platinmetallen, die sich Sibanye 2,2 Mrd. Dollar kosten lässt. Das Unternehmen habe also Geld. Kritisiert wird, dass Sibanye und andere Minenbetreiber nicht in die heimischen Standorte investieren. Das wäre freilich nur sinnvoll, wenn auch Aussicht bestände, dass diese Investitionen sich rechnen. Danach sieht es aber nicht aus.