Logistikimmobilien sind stark gefragt
hek Frankfurt
Nicht nur am Wohnungsmarkt herrscht vielerorts Knappheit. Auch Unternehmen, die zusätzliche Logistik- oder Produktionsflächen benötigen, müssen sich auf eine mühsame Suche einstellen. „Auf Seiten der Nutzer erleben wir teils pure Verzweiflung“, beobachtet Panajotis Aspiotis, Managing Director des Immobiliendienstleisters Savills. Vor allem für Großnutzer sei das Angebot extrem begrenzt.
Die hohe Nachfrage hat einiges zu tun mit gestörten Lieferketten, fehlenden Transportkapazitäten und geopolitischen Risiken. Vor diesem Hintergrund baut die Industrie ihre Lieferketten um. Produktion wird nach Deutschland oder Europa zurückgeholt oder von instabilen in stabile Regionen verlagert. Parallel stocken viele Unternehmen ihre Lagerhaltung auf, um Lieferunterbrechungen für eine gewisse Zeit leichter überbrücken zu können.
DIC Asset und CTP kaufen zu
„Re- und Nearshoring-Strategien sowie verstärkte Vorratslagerung treiben den Flächenbedarf“, resümiert Rainer Koepke vom Immobiliendienstleister CBRE in einem Marktbericht.
Hinzu kommt die Nachfrage aus dem E-Commerce-Sektor. Nach dem Boom im Zuge der Corona-Pandemie ist die Expansion des Onlinehandels zwar ein wenig ins Stocken geraten. Doch das dürfte eine kurzfristige Abschwächung sein, die den strukturellen Wandel hin zum Onlinehandel nach einhelliger Meinung keinesfalls aufhalten wird.
Börsennotierte Unternehmen wie DIC Asset setzten verstärkt auf den wachsenden Markt. Die Frankfurter haben sich 60 % an dem Logistikimmobilienspezialisten VIB Vermögen gesichert, dessen Aktie allerdings nach dem Teilangebot über 51 Euro abgestürzt ist und nun bei etwa 27 Euro liegt.
Und die niederländische CTP hat sich über ein Übernahme- und Delistingangebot die auf Unternehmens- und Logistikimmobilien spezialisierten Deutsche Industrie Reit-AG gesichert. Wie CTP mitteilt, wurde der Zusammenschluss jetzt abgeschlossen. Mit dem Deal trennte sich der Unternehmer und Investor Rolf Elgeti von einer seiner Firmen.
Den Flächenumsatz (Vermietung und Eigennutzung) mit deutschen Industrie- und Logistikimmobilien im ersten Halbjahr gibt CBRE mit 4,6 Millionen Quadratmetern an. Im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2021 sei das ein Anstieg um 13 %. Das Rekordniveau gehe vor allem auf große Eigennutzungen zurück wie das Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin (327 000 Quadratmeter), für das im ersten Quartal die offizielle Baugenehmigung erteilt wurde, und das Amazon-Logistikzentrum Kaiserslautern (189 000 Quadratmeter). Größter Abschluss im zweiten Quartal sei die Anmietung über 225 000 Quadratmeter von Amazon in Erfurt. Weitere Großprojekte sind in der Pipeline, etwa Intels Chipfabrik in Magdeburg und die Batterieproduktion von VW in Salzgitter.
BNP Paribas Real Estate veranschlagt den Flächenumsatz im Halbjahr auf 4,83 Millionen Quadratmeter, 51 % mehr als im langjährigen Durchschnitt. „Der deutsche Logistikmarkt präsentiert sich trotz der aktuell herausfordernden Rahmenbedingungen sehr dynamisch“, heißt es im jüngsten Marktreport.
Grundstücke fehlen
Abgeschwächt hat sich dagegen zuletzt das Transaktionsgeschäft. Savills veranschlagt das Dealvolumen im zweiten Quartal auf 1,5 Mrd. Euro, CBRE auf 1,7 Mrd. Euro. Im ersten Quartal seien es noch 4,1 Mrd. bzw. 4,3 Mrd. Euro. Die aktuelle Zurückhaltung hängt mit gestiegenen Finanzierungskosten, hohen Inflationsraten und zunehmender Verunsicherung zusammen.
Mehrere Investoren hätten ihre Ankäufe zunächst ausgesetzt, berichtet Savills. Bei den Preiserwartungen klaffe eine Lücke: Während Verkäufer an ihren alten Vorstellungen festhielten, sei die Zahlungsbereitschaft von potenziellen Käufern gesunken.
„Regelrecht explodiert“ seien die Grundstückpreise, berichtet Savills. Zuletzt habe es mehrere Verkäufe mit Preisen jenseits der Tausend-Euro-Schallmauer gegeben. Der Hintergrund: Viele Kommunen halten sich mit der Grundstücksvergabe zurück, etwa weil Industrie- und Logistikhallen zusätzlichen Verkehr mit sich bringen und es für konkurrierende Nutzungen ebenfalls einen hohen Bedarf gibt.