Lufthansa-Tochter Austrian Airlines im harschen Wettbewerb
Im Gespräch: Annette Mann
„Austrian wäre alleine nicht lebensfähig“
CEO der Lufthansa-Tochter beklagt „krasse Wettbewerbsverzerrung“ gegenüber Turkish und Emirates – Investmentberg von 3 Mrd. Euro
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt
Austrian Airlines galt im Lufthansa-Konzern jahrelang als Sorgenkind. Mittlerweile beginnt sich der Wind in Wien zu drehen: „Wir sind in den vergangenen zwei Jahren gut aus der Pandemie herausgekommen“, sagt Austrian Airlines-CEO Annette Mann im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Die Nachfrage sei stabil, auch für das laufende vierte Quartal sieht es laut Mann gut aus. Zufrieden ist die Airline-Chefin aber nicht – von der konzernweiten Zielrendite von 8% ist man nach neun Monaten meilenweit entfernt, trotz der guten Ergebnisse im dritten Quartal sind die Stückkosten nicht gesunken.
„Österreichische Logik“
„Österreich ist kein billiger Standort“, nennt Mann einen der Gründe. Und verweist unter anderem auf die „österreichische Logik“ bei der Gehaltsentwicklung: „Tarifverhandlungen finden jährlich statt und in der Regel wird über Inflation abgeschlossen.“ Mietverträge seien häufig indexiert, auch die Kosten für in Österreich zugekaufte Leistungen wie Catering steigen. Zudem sind die staatlich festgelegten Gebühren und die Lohnnebenkosten in Österreich vergleichsweise hoch.
Austrian Airlines befindet sich am Standort Wien außerdem in einem harschen Wettbewerb. Zum einen mit den Low-Cost-Carriern im Kurz- und Mittelstreckengeschäft, zum anderen mit Airlines wie Turkish oder Emirates auf der Langstrecke. Vor allem bei Turkish und den Carriern aus dem Mittleren Osten spricht Mann von einer „krassen Wettbewerbsverzerrung.“ Staaten wie die Türkei betrachten die Luftfahrt als eine strategische Branche, entsprechend vorteilhaft fällt in diesen Ländern die Regulierung für das Segment aus. Dazu kommt, dass die Wettbewerber unter den regulatorischen Lasten in der EU weniger oder gar nicht zu leiden haben.
Mann erläutert das an einem Beispiel: „Die Regelungen für die Beimischung von nachhaltigem Flugbenzin würden die Ticketpreise für eine Langstrecke mit Umsteigen in Wien statt in Istanbul um rund 200 Euro erhöhen.“ Erfolge die Berechnung nicht nach Airline, sondern nach Destination, wäre die Belastung für alle Anbieter gleich, so Mann. „Wir fragen nicht nach Subventionen. Wir wollen ja auch nachhaltiges Kerosin einsetzen, aber es muss in der Umsetzung fair zugehen.“
„Investmentberg von 3 Mrd. Euro“
Gerade durchläuft die Fluggesellschaft aus Wien ein Investitionsprogramm, unter anderem wurde die Langstreckenflotte auf das Modell Boeing 787 umgestellt. Mann spricht von einem „Investmentberg über 3 Mrd. Euro“. Den müsse man sich im Konzern erst einmal verdienen, wobei es dabei nicht alleine um die erreichte Ebit-Marge geht. Strategische Überlegungen spielen eine Rolle ebenso wie das Ziel, die Langstreckenflotte der AUA wieder auf das Vor-Pandemie-Niveau zu bringen. Die wirtschaftliche Entwicklung ist aber schon auch Faktor, wegen der schwachen Performance zu Jahresbeginn liegen die Pläne für zwei weitere neue Jets auf Eis.
„Des mach' ma schon“
„Austrian wäre alleine nicht lebensfähig“, weiß Mann, die die Airline seit 1. März 2022 führt und deren Vertrag bis 2030 läuft. Das Unternehmen ist vielmehr „hochintegrierter Teil im Gesamtnetz der Lufthansa.“ Erschwert wird das Geschäft durch eine im Vergleich mit Lufthansa Airlines und Swiss hohe Saisonalität, die auf den großen Anteil an Privatreisenden zurückgeht. Das macht die Steuerung komplex, weil im Sommer viel mehr Kapazität gebraucht wird als im Winter. Dennoch gilt die operative Performance der Österreicher als vorbildlich im Konzern. „Ich schätze an der AUA den großen Pragmatismus, der hier vorherrscht“, sagt Mann, die seit 22 Jahren im Lufthansa-Konzern arbeitet und dort zuletzt für das Nachhaltigkeitsprogramm verantwortlich war. Vieles laufe unter dem Motto „des mach‘ ma schon!“ Probleme sollen gefixt werden, man hält sich nicht mit akademischen Debatten auf, „da funktioniert ganz schön viel“. Das Entwickeln langfristiger Perspektiven falle dem allerdings häufiger zum Opfer, so Mann, „das ist eher eine Stärke der Schweizer.“ Jeder hat eben seine Aufgabe im Lufthansa-Konzern.
Alleine wäre Austrian Airlines laut Firmenchefin Annette Mann im harschen Wettbewerb am Standort Wien nicht lebensfähig, aber als „hochintegrierter Teil im Gesamtnetz der Lufthansa“ wirft der Carrier derzeit positive Ergebnisse ab.