Mehr Aktivisten-Attacken denn je
Mehr Aktivisten-Attacken denn je
Investmentbank Lazard zählt Rekord an Kampagnen – Kanzlei Skadden erwartet Fokus auf US-Strategien der Unternehmen
cru Frankfurt
Aktivistische Investoren sind derzeit umtriebiger denn je. Mit 255 neuen Kampagnen haben Hedgefonds im Jahr 2024 mehr Attacken auf börsennotierte Konzerne gestartet als jemals zuvor. Sie forderten auf Basis ihrer vergleichsweise kleinen Minderheitsbeteiligungen Aufsichtsratssitze, die Abspaltung von Konzernteilen oder Ausschüttungen an die Aktionäre. Die weltweit aktivsten Adressen waren Elliott mit 15 Kampagnen sowie Starboard Value und Oasis. In Europa wurde das aktivistische Geschehen von Bluebell mit vier Kampagnen sowie Elliott und Gatemore Capital dominiert. Das geht aus Daten hervor, die die Investmentbank Lazard zusammengetragen hat. Die erste Jahreshälfte 2024 war demnach mit einem Anstieg um 11% gegenüber dem Vorjahr besonders stark, während die zweite Jahreshälfte einen Rückgang um 11% verzeichnete.
Worauf die Kampagnen zielen
Erstmalig auftretende Adressen, die ihre Minderheitsbeteiligungen mit Forderungen und Einflussnahme verbanden, machten 47% aller Aktivisten und 32% der Kampagnen aus. Auch das war ein neuer Höchststand.
Ins Visier der Kampagnen gerieten vor allem Unternehmen aus den Sektoren Industrie, Technologie und Konsumgüter. Die Attacken richteten sich dabei vor allem darauf, die Zusammensetzung des Aufsichtsrats zu verändern oder M&A-Transaktionen herbeizuführen – meist die Abspaltung einer Sparte. In Europa zielten 39% der Kampagnen auf M&A. Ebenfalls im Vordergrund standen die Themen Kapitalallokation – also zum Beispiel Dividenden – sowie die Governance und die Strategie.
Schub für den Kurs
Vor allem Hedgefonds wie Elliott lancierten 78% der Kampagnen im Jahr 2024, was aber unter dem Fünfjahres-Durchschnitt von 82% lag. In Europa gab es einen Rückgang der Aktivitäten um 10%, wobei die Anzahl der Zielunternehmen konstant blieb. In Deutschland ging die Aktivität von Aktionärsaktivisten im Jahr 2024 auf ein durchschnittliches Niveau zurück, nach einem Anstieg im Vorjahr. Für die Schweiz wird ein Anstieg der Aktivitäten verzeichnet. Schweizer Unternehmen waren Ziel von 10% der europäischen Kampagnen, verglichen mit einem Fünfjahres-Durchschnitt von 6%. Aktivismus führte laut Lazard zur kurzfristigen Überperformance der Aktienkurse um durchschnittlich 200 Basispunkte in den ersten fünf Tagen nach Kampagnenstart.
Fokus auf US-Strategien
Die Kanzlei Skadden erwartet einen verstärkten Fokus der Aktivisten auf die US-Strategien der Unternehmen. „Angesichts der weltweiten geopolitischen Herausforderungen werden die Aktivisten die Strategien der europäischen Industrie- und Energieunternehmen in Bezug auf die USA besonders genau beobachten“, sagt Holger Hofmeister, Partner im Frankfurter Büro von Skadden: „Sie werden auf Fusionen und Übernahmen oder Vorstandswechsel drängen, wenn die Maßnahmen zu langsam vollzogen werden oder die Strategien nicht kohärent sind.“
CEOs ausgetauscht
Zu den hochkarätigen Kampagnen 2024 gehören der Vorstoß von Trian Fund Management bei Walt Disney und die Aktionärsrebellion von Elliott bei der Kaffeekette Starbucks sowie bei Southwest Airlines. Ein weiteres Beispiel ist Honeywell. Das Industriekonglomerat prüft die Abspaltung seiner Luft- und Raumfahrtsparte, da Elliott darauf dringt. Die CEOs von Starbucks, SmartRent und Wolfspeed gaben ihren Rücktritt bekannt, als aktivistische Investoren eingestiegen waren.
Konzernchefs haben Respekt vor aktivistischen Investoren. Kein Wunder: Nach ihrem Einstieg werden oft die CEOs ausgewechselt. Sie nehmen Einfluss auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, die Abspaltung von Sparten oder die Dividenden. Am umtriebigsten agieren Elliott, Starboard Value und Oasis.