Creditreform

Mit­tel­ständler werden pessimistischer

Hohe Energiepreise und vielfach dünne Eigenkapitalpuffer drücken auf die Stimmung der Mittelständler in Deutschland. Viele rechnen zudem mit sinkenden Aufträgen. Die Ertragserwartungen sind so niedrig wie zuletzt 2009.

Mit­tel­ständler werden pessimistischer

sar Frankfurt

Die Stimmungslage bei deutschen Mittelständlern hat sich in den zurückliegenden Monaten deutlich verschlechtert. Hauptgrund dafür sind die stark gestiegenen Energiepreise. Die aktuelle Herbstumfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung zeigt einen deutlichen Rückgang beim Ge­schäftsklimaindex: Dieser sank von 25,2 Punkten im Vorjahr auf derzeit nur noch 3,1 Punkte. Der Geschäftsklimaindex basiert auf einer Befragung von gut 1200 kleinen und mittleren Unternehmen.

Insbesondere die Geschäftserwartungen fallen deutlich pessimistischer aus als in den vorherigen Umfragen. Nur jeder siebte Mittelständler rechnet mit steigenden Auftragseingängen (i. V. 29%). Jedes vierte Unternehmen stellt sich auf weniger Aufträge ein. Entsprechend angespannt ist auch der Blick auf die Erträge, die Erwartung ist Creditreform zufolge so schlecht wie zuletzt 2009 zu Zeiten der Finanzkrise: Gut 33% der Mittelständler rechnen mit Ertragseinbußen in den kommenden Monaten. Mit steigenden Erträgen rechnen dagegen nur rund 15% der Unternehmen. Der Saldo der künftigen Ertragslage fällt dadurch auf minus 18,5 Punkte. Besonders ausgeprägt ist der Pessimismus im Handel: Dort rechnen 41% der Befragten mit rückläufigen Erträgen. Im verarbeitenden Gewerbe ist die Stimmung kaum besser, dort erwarten 38% eine negative Ertragsentwicklung. Unternehmen, die sich auf steigende Erträge einstellen, sind laut Creditreform in allen Wirtschaftsbereichen deutlich in der Minderheit.

Dass immerhin 26% der Befragten zumindest bei den Umsätzen eine Steigerung erwarten, liegt Creditreform zufolge in der Inflation begründet. Rund zwei Drittel der befragten Unternehmen planen Preiserhöhungen, in Handel sind es sogar 78%. Die Geschäftslage insgesamt dürfte sich dadurch nicht bessern. Wegen der angespannten Situation geht auch die Investitionsbereitschaft zurück: Nur noch 46% (i. V. 52%) planen ein Investitionsvorhaben. Damit rutscht die Investitionsbereitschaft zurück auf Werte, wie sie während der Coronazeit 2020 gemessen wurden, berichten die Studienautoren. Personal will nur jeder fünfte Betrieb einstellen.

Jedes zehnte Unternehmen will sogar Stellen streichen. „Die kurze Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs nach der Coronazeit dürfte nicht ausgereicht haben, um die damaligen Einschnitte bei Kapitalrücklagen und Eigenkapitalquoten wieder auszugleichen“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Besonders im verarbeitenden Gewerbe seien die Eigenkapitalquoten unter Druck gekommen.

Die hohen Energiepreise stehen entsprechend bei vielen Mittelständlern besonders im Fokus. 86% nannten sie als wichtigste Herausforderung des laufenden Jahres (Mehrfachnennungen waren möglich). Zum Vergleich: Bei der Frühjahrsbefragung sagten dies nur 3%. Die Inflation steht mit 73% an zweiter Stelle.

Die Studienautoren fürchten, dass die Energiekrise die „Bestandsfestigkeit“ der mittelständischen Unternehmen belasten werde: „Zwar wird die Regierung erneut Hilfsprogramme auflegen, um in Not geratene Unternehmen aufzufangen, gleichwohl ist wahrscheinlich, dass die Insolvenzentwicklung anzieht und Unternehmen aufgeben müssen.“ Im Mittelstand gelten zurzeit insgesamt 27% der Unternehmen als eigenkapitalschwach, ihre Eigenkapitalquote liegt unter 10%. Immerhin ein gutes Drittel der Mittelständler hat eine vergleichsweise hohe Eigenkapitalquote von über 30%.

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