Novartis wird kleiner
dz Zürich
– Novartis hat in den ersten sechs Monaten aus einem knapp gehaltenen Umsatz von 25,3 Mrd. Dollar eine Milliarde weniger Gewinn gezogen. Das Ergebnis ging von nahezu 5 Mrd. auf 3,9 Mrd. Dollar zurück. Die Veränderung reflektiert zum einen den Wegfall des Gewinnanteils am Lokalrivalen Roche, an dem Novartis bis Dezember 2021 eine bedeutende Beteiligung gehalten hatte. Zum anderen schlagen die Kosten zu Buche, die Novartis für die im April angekündigte Restrukturierung hinnehmen muss, um ab 2024 Einsparungen in Vertrieb, Verwaltung und somit auch beim Personal in Höhe von 1,5 Mrd. Dollar realisieren zu können. Die Rückstellung für Restrukturierung beziffert Novartis im Halbjahr auf 562 Mill., den Wegfall der Roche-Einnahmen auf 498 Mill. Dollar.
Der Ende Juni bestätigte Abbau von 8000 Stellen dürfte nicht der letzte Schritt zur Verkleinerung des Pharmamultis bleiben. Spätestens bis Ende des Jahres will der Konzern entscheiden, wie er mit Sandoz weiter verfahren will.
Sandoz ist die zweitgrößte Herstellerin von Nachahmermedikamenten (Generika) hinter der israelischen Teva-Gruppe. Schon im Zug der im Oktober angekündigten „strategischen Überprüfung“ von Sandoz hatte Novartis ihren Investoren zu verstehen gegeben, dass man sich nicht mehr als bester Eigentümer der Firma sieht. Erwartet wird deshalb ein Verkauf oder eine Abspaltung von Sandoz mit separater Börsennotierung. Novartis verspricht sich von diesen Maßnahmen einen nachhaltigen Gewinn an Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit.
Tatsächlich wird sich Novartis in den nächsten Jahren steigern müssen, um in den kommenden Jahren den durch Patentabläufe erwarteten Ausfall von Einnahmen in Höhe von mehreren Milliarden Dollar ausgleichen zu können beziehungsweise das Wachstum beizubehalten. Der Konzern sieht sich auf Kurs. Ohne negative Wechselkurseinflüsse hätte er im Halbjahr einen Umsatzanstieg um 5% ausweisen können. In der Pharmasparte (ohne Sandoz) haben die fünf stärksten Umsatzbringer, allen voran die Herzpille Entresto, die Verkäufe im Halbjahr um 1,3 Mrd. Dollar gesteigert und die Umsatzrückgänge einer ganzen Reihe von in die Jahre gekommenen Präparaten in Höhe von knapp 1,2 Mrd. Dollar überkompensiert.
Kritische Beobachter sehen aber auch Schwächen. So spielte der neuartige Cholesterinsenker Leqvio, den Novartis vor zweieinhalb Jahren für 10 Mrd. Dollar eingekauft und zur Verkaufsreife gebracht hat, im Halbjahr erst einen Umsatz von 36 Mill. Dollar ein. Auch andere hochgelobte Medikamente wie die Krebszellentherapie Kymriah sind den Erwartungen bislang nicht gerecht geworden.
Mehr Zuversicht
Positiv in Szene setzte sich zuletzt Sandoz, die das gute Momentum aus dem ersten Quartal mitnehmen und im Semester ein wechselkursbereinigtes Wachstum von 6% ausweisen konnte. Novartis rechnet für die Tochter nun mit einem leichten Umsatz- und Gewinnwachstum im Jahr, nachdem bisher mit einer stagnierenden Entwicklung gerechnet worden war. Der bessere Geschäftsverlauf von Sandoz werde aber keine Auswirkungen auf den Ausgang der strategischen Überprüfung haben, sagt Finanzchef Harry Kirsch.
Anfang Juli berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf informierte Kreise, die derzeit angespannte Situation an den Finanzmärkten und der fehlende Risikoappetit der Banken zur Finanzierung großer Übernahmen könnte das Novartis-Management zur Favorisierung der Variante Spin-off bringen. Nebst den offenbar zahlreichen Interessenten aus der Private-Equity-Branche sollen im November auch die Gebrüder Thomas und Andreas Strüngmann zusammen mit der schwedischen EQT eine Übernahme von Sandoz geprüft haben. Die beiden Biontech-Investoren hatten im Jahr 2005 ihre Pharmagruppe Hexal an Sandoz verkauft und zeigen inzwischen ein großes Interesse am Geschäft mit biologischen Nachahmermedikamenten (Biosimilars), in dem Sandoz eine führende Stellung hat.
Wertberichtigt Seite 6
Novartis | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
1. Halbjahr | ||
in Mill. Dollar | 2022 | 2021 |
Umsatz | 25312 | 25367 |
Sandoz | 4675 | 4704 |
Operatives Ergebnis | 5080 | 5894 |
Sandoz | 798 | 774 |
Reingewinn | 3916 | 4955 |
Nettoverschuldung | 9519 | 28547 |
Freier Cashflow | 4224 | 5832 |
Börsen-Zeitung |