OMV und Adnoc erschaffen neuen Kunststoffriesen
Megafusion im Chemiesektor
OMV und Adnoc erschaffen durch Milliardendeal den viertgrößten Polyolefinhersteller der Welt
cru Frankfurt
An der Börse in Abu Dhabi entsteht ein neuer global tätiger Kunststoffkonzern im Gesamtwert von 60 Mrd. Dollar, der seinen Sitz in Wien haben wird. Der österreichische Energiekonzern OMV und der staatliche arabische Ölriese Adnoc aus Abu Dhabi haben sich auf die Fusion ihrer bereits wechselseitig verflochtenen Polyolefingeschäfte geeinigt, wie sie am Dienstag kurz vor der Unterzeichnung des Vertrages mitteilten. Die Transaktion beinhaltet darüber hinaus im gleichen Schritt auch die gemeinsame und zunächst mit Krediten finanzierte Übernahme des kanadischen Chemiekonzerns Nova Chemicals vom Staatsfonds Mubadala aus Abu Dhabi für 13,4 Mrd. Dollar einschließlich Schulden.
In Summe entsteht der viertgrößte Polyolefinhersteller der Welt - gemessen an der Produktion von 13,6 Millionen Tonnen pro Jahr in Europa, dem Mittleren Osten und Amerika. Aus dem Material werden Kunststoffartikel wie Schläuche, Verpackungen und Folien, sowie Gehäuse von Haushalts- und Elektronikgeräten gefertigt. Das neue Unternehmen soll 500 Mill. Dollar Synergien pro Jahr aufweisen und den Aktionären einen sofortigen Dividendenzuwachs bescheren.
OMV und Adnoc sprechen seit zwei Jahren
Adnoc hatte im vergangenen Oktober bereits für 15 Mrd. Dollar den deutschen Kunststoffkonzern Covestro übernommen, der aber weiterhin eigenständig und separat agieren soll. Die aktuelle Ankündigung der Fusion von Borealis und Borouge bildet den Abschluss von fast zwei Jahre dauernden Verhandlungen zwischen OMV und Adnoc über die Gründung eines Joint Ventures, das die OMV-Tochter Borealis mit der Adnoc-Tochter Borouge vereint. Meinungsverschiedenheiten über eine Bargeldspritze als Ausgleich für Wertdifferenzen und über den Sitz des Unternehmens hatten eine Einigung verzögert.
Politik bremste den Deal
Auch die politische Situation in Österreich bremste die Verhandlungen, da die Regierung in Wien zögerte, einen so großen Deal vor der Wahl abzusegnen. OMV teilte jetzt separat mit, dass das Unternehmen eine Kapitalspritze in Höhe von 1,6 Mrd. Euro in das Joint Venture einbringt, das in Abu Dhabi an der Börse notiert werden soll. Später soll es auch ein zweites Listing in Österreich an der Börse in Wien geben.
Neues Unternehmen soll Borouge heißen
Das Unternehmen soll seinen Sitz in Wien haben sowie eine regionale Zentrale in den Vereinigten Arabischen Emiraten und den Namen Borouge Group International tragen. Adnoc erhält neben vorübergehenden Sonderrechten zur Integration der kanadischen Akquisition Nova auch das Recht, den Aufsichtsratsvorsitzenden des neu entstehen Konzerns zu bestimmen, während der Vorstand einvernehmlich von beiden Partnern bestellt wird.
Adnoc und OMV halten jeweils 47% am neuen Unternehmen, vorausgesetzt, die Streubesitzaktionäre von Borealis nehmen ein Angebot zum Kauf von Aktien des neuen Unternehmens an. Der Streubesitz von Borouge liegt zunächst bei 6%. Das könnte sich durch eine Kapitalerhöhung um 4 Mrd. Dollar zur Finanzierung des Kaufs von Nova Chemicals erhöhen. Denn OMV und Adnoc planen, sich an dieser Kapitalerhöhung nicht zu beteiligen. Die Transaktion hängt noch von der Zustimmung des OMV-Aufsichtsrats und der Aufsichtsbehörden sowie von einer Einigung über die Umsetzung ab.
Die gegenseitigen Beteiligungen machten die Verhandlungen komplex. OMV, die zu 31,5% der staatlichen österreichischen Beteiligungsholding ÖBAG gehört, hält bisher 75% an Borealis. Adnoc hält bisher direkt 25%. Borouge wiederum gehört zu 54% Adnoc und zu 36% Borealis.
Der Energiekonzern OMV aus Österreich und der Ölriese Adnoc aus Abu Dhabi legen ihre Polyolefingeschäfte zusammen. Im gleichen Zug übernimmt der neu entstehende Kunststoffriese den Konkurrenten Nova aus Kanada. Dies schafft einen neuen global tätigen Konzern im Gesamtwert von 60 Mrd. Euro.