Finanzinvestoren

Private-Equity-Bewertung auf dem Prüfstand

Im Vergleich zum Aktienmarkt in der ersten Jahreshälfte dürfte die Wertkorrektur bei den Investments von Finanzinvestoren glimpflich ausfallen. Einer Studie zufolge werden die meisten Private-Equity-Portfolios nur Abschläge von weniger als 5 % hinnehmen müssen.

Private-Equity-Bewertung auf dem Prüfstand

cru Frankfurt

Seit 2017 wurden bis Ende 2021 aus jedem Dollar an Investments in Private Equity abseits der Börsen im Durchschnitt 2,36 Dollar – rund 83 Cent mehr als bei der zweiterfolgreichsten Anlageform, den Aktienmärkten. Das ist eine der Kernaussagen aus dem „Market Overview 2022“ des auf Private-Equity-Fondsbeteiligungen spezialisierten Assetmanagers Hamilton Lane, der 900 Mrd. Dollar für seine Kunden verwaltet. „Auch bei einer Betrachtung über 15 Jahre liegt Private Equity selbst risikobereinigt deutlich vorne“, sagte Ralph Aerni, der für die deutschsprachige Region zuständige Head of Client Solutions in Europa, der Börsen-Zeitung.

Der Marktüberblick von Hamilton Lane zeigt auch die Entwicklung der Kaufpreis-Multiples bei Buy-outs zum Zeitpunkt der Akquisition, unterschieden nach Nordamerika, Westeuropa und dem asiatisch-pazifischen Raum. Demnach ist der durchschnittlich in Nordamerika gezahlte Unternehmenswert von 2006 bis 2020 kräftig gestiegen – von dem 7,5-Fachen des operativen Gewinns (Ebitda) auf das 11,6-Fache des Ebitda. Die Analysen basieren auf eigenen Daten von Hamilton Lane und solchen von Bloomberg.

„Fundamentaldaten gut“

Die Ergebnisse unterscheiden sich je nach Region, aber fast überall sind Unternehmensbeteiligungen bis zur Pandemie im Schnitt teurer geworden. In den vergangenen Jahrzehnten entwickelten sich die durchschnittlichen Renditen für Investoren dennoch gut. Die Experten von Hamilton Lane schätzen die Situation wie folgt ein: „Generell befinden sich die Fundamentaldaten der Unternehmen – einschließlich Gewinnwachstum, Gewinnspannen und freier Cashflow – derzeit ebenfalls auf historischen Höchstständen.“

Im Allgemeinen hätten nichtbörsennotierte Unternehmen auch weiterhin eine finanzielle Performance erzielt, die die Entwicklung der Aktienkurse an den Börsen übertrifft. Die Mehrheit der Unternehmen im Direktportfolio von Hamilton Lane beispielsweise erwarte für 2022 immer noch ein durchschnittliches Gewinnwachstum im hohen einstelligen Bereich. Auch die Bilanzen – sowohl der Unternehmen als auch der Verbraucher – befänden sich gemessen am historischen Kontext in einer guten Lage.

„Die Unternehmen haben heute eine bessere Ausgangsposition und mehr Polster, um einen bevorstehenden wirtschaftlichen Sturm zu überstehen“, kommentiert Hamilton Lane. Darüber hinaus zeigten die Daten, dass trotz des anhaltenden Anstiegs der Bewertungsmultiplikatoren in den vergangenen zehn Jahren Private-Equity-Deals im Durchschnitt immer noch mit einem Abschlag auf vergleichbare Multiplikatoren der Aktienmärkte abgeschlossen wurden. „Diese beiden Faktoren – starkes relatives Ertragswachstum und abgezinste anfängliche Kaufpreismultiplikatoren – dürften zumindest einen Teil der ‚Verzögerung‘ erklären, die typischerweise bei den Bewertungsbewegungen in den Privatmarktportfolios im ersten Quartal und der Auswertung für das zweite Quartal zu beobachten ist“, erklärt Hamilton-Lane-Manager Aerni. „Was den letztgenannten Punkt betrifft, so deuten die ersten Anzeichen von GPs (General Partners) darauf hin, dass die meisten Privatmarktportfolios in ihren Bewertungen zum 30. Juni unverändert bleiben werden, allerdings mit bemerkenswerten Unterschieden zwischen den Strategien – das heißt Immobilienportfolios werden sich anders verhalten als Buy-out-Fonds.“

Hamilton Lane gibt sich auch für die nähere Zukunft optimistisch: „Während börsennotierte Aktien im zweiten Quartal deutlich nachgaben – der S&P 500 verlor etwas mehr als 16 % seines Wertes –, deuten die Daten darauf hin, dass die meisten Limited-Partners-Private-Equity-Portfolios Abschläge von weniger als 5 % hinnehmen müssen.“

Multiples gehen zurück

Die Kaufpreise für Unternehmen sind im Laufe des Jahres bereits deutlich zurückgegangen. Das zeigt der „Mid Market“-Index des europäischen Private-Equity-Hauses Argos Wityu, das Büros in Paris, Frankfurt sowie Brüssel hat und 1,4 Mrd. Euro Vermögen für institutionelle Investoren verwaltet. Demnach ist im zweiten Quartal 2022 der Anteil der Transaktionen mit einem hohen Unternehmenswert von mehr als dem 15-Fachen des Ebitda im Vergleich zu 2021 deutlich gefallen, wie bereits im ersten Quartal. Sie machen noch 15 % der betrachteten Transaktionen aus und liegen damit auf dem Niveau von vor der Pandemie. Gleichzeitig stieg der Anteil der Transaktionen mit niedrigen Multiples von weniger als dem Siebenfachen des Ebitda an – auf jetzt 20 % der analysierten Transaktionen.

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