Tourismus

Reisebranche arbeitet sich aus dem Tief

Nach zwei schwachen Jahren nähert sich die Reisebranche wieder den Vor-Corona-Zahlen an. Nach einem starken Sommergeschäft drücken allerdings Sorgen um das Konsumklima die Stimmung.

Reisebranche arbeitet sich aus dem Tief

sar Frankfurt

Einreise nur mit negativem PCR-Test, nur mit Schnelltest, nur für Geimpfte oder für überhaupt niemanden – seit Ausbruch der Corona-Pandemie mussten Reisende sich mit immer neuen Beschränkungen auseinandersetzen. In den zurückliegenden Monaten waren diese weitestgehend aufgehoben, und die Reisewirtschaft hat Aufwind bekommen.

„Corona spielt beim Reiseverhalten der Kunden keine sehr bedeutende Rolle mehr“, sagte Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), auf einer Pressekonferenz anlässlich des DRV-Hauptstadtkongresses. Die DRV-Mitglieder stehen dem Verband zufolge für den größten Teil des Umsatzes im Reiseveranstalter- und Reisemittlermarkt.

Die zu Ende gehende Sommersaison, die von Mai bis Oktober läuft, wird laut DRV fast an das Umsatzniveau der Vor-Corona-Sommersaison 2019 heranreichen, ergeben Auswertungen von Travel Data + Analytics (TDA) für den DRV. Erhoben werden dabei Pauschal- und Bausteinreisen, die in Reisebüros und auf Online-Reiseportalen der Veranstalter sowie bei Online Travel Agencies gebucht werden. Die Umsätze für organisierte Reisen lagen zuletzt noch 5 % unter denen des Sommers 2019 zum gleichen Zeitpunkt.

Für das gesamte Touristikjahr von November 2021 bis Oktober 2022 ist die Bilanz noch verhaltener, da die Wintersaison noch stark von Reisehemmnissen geprägt war und mit einem Umsatzminus von 34 % schloss. Laut DRV begann über das Frühjahr hinweg jedoch „eine beeindruckende Aufholjagd“.

Mit allen Buchungen bis einschließlich Ende August schmolz das Umsatzminus auf 14 % gegenüber dem Gesamtjahr 2018/19. Die noch nicht berücksichtigten Umsätze aus dem September und Oktober könnten das Minus noch auf rund 10 % abschmelzen lassen, meint Fiebig.

Höhere Preise erwartet

Die Vorzeichen für die kommenden Wintersaison sind laut DRV deutlich besser als vor einem Jahr, da viele Reisehemmnisse weggefallen sind. Allerdings würden Reisen nach wie vor sehr kurzfristig gebucht. Gefragt seien Pauschalreisen mit flexiblen Storno- und Umbuchungsmöglichkeiten.

Die Ausgaben eines Reisenden pro Person und Nacht sind im Sommer im Durchschnitt um 15 % angestiegen. Das liegt Fiebig zufolge zum Teil an Nachholeffekten. Kunden, die im Vorjahr nicht verreisen konnten, würden nun mehr Geld ausgeben. Ein Teil entfalle aber auch auf Preiserhöhungen. Noch seien diese aufgrund langlaufender Verträge moderat. „Aber die Reisebranche wird sich auf Dauer nicht von der Inflation entkoppeln können“, mahnte Fiebig. Perspektivisch würden Preise für Reisen steigen. Er sieht seine Branche „auf Erholungskurs, aber noch längst nicht über den Berg“. Denn mit der hohen Inflation und den stark gestiegenen Energiepreisen steht die nächste Herausforderung bevor.

Das Buchungsverhalten 2023 hänge stark davon ab, ob die Konsumenten ihre in Umfragen geäußerten Reisewünsche auch finanzieren könnten. Energie und Mobilität müssten „für Durchschnittsverdiener bezahlbar bleiben“, forderte Fieibig. Nachholbedarf sieht der DRV-Präsident noch beim Thema Nachhaltigkeit. Laut einem Branchencheck, an dem 460 Reisebüros und -veranstalter teilgenommen haben, sehen 80 % keine aktive Kundennachfrage nach nachhaltigen Reisemöglichkeiten. Da müsse die Branche „noch viel stärker sensibilisieren“ und die Kunden stärker mitnehmen.

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