Restrukturierungen

Restruk­turierer erwarten schwierige Refinan­zierungen

Billiges Geld und umfassende Hilfsprogramme haben zuletzt so manche Unternehmenskrise abgefedert. Doch nun stellen sich Restrukturierer auf härtere Zeiten ein: Der Zugang zu Liquidität wird schwieriger.

Restruk­turierer erwarten schwierige Refinan­zierungen

sar Frankfurt

Für Unternehmen wird es nach vielen Jahren mit leicht verfügbarer Liquidität wieder schwieriger, an die benötigten Mittel zu kommen. Das zeigt die Turnaround- und Restrukturierungsstudie 2022 der Unternehmensberatung Alix Partners. Demnach gehen 43% der weltweit Befragten davon aus, dass die Kapitalverfügbarkeit gegenüber dem Vorjahr stagniert. 44% erwarten sogar einen Rückgang. Befragt wurden mehr als 600 Restrukturierungsexperten aus Beratungen, Banken, Kanzleien sowie Unternehmen weltweit, etwa 100 von ihnen aus Deutschland.

Die Kosten für neue Finanzierungen sind insbesondere in Deutschland bereits ein Thema: Während weltweit 52% der Restrukturierer von restriktiveren Konditionen ausgehen, sind es in Deutschland sogar 63%. Das könnte ein Problem für Unternehmen werden, die in der Coronakrise zuletzt dank günstiger Hilfsfinanzierungen und großzügiger Waiver-Regelungen überlebt haben: „Finanzierungen, die jetzt zur Refinanzierung anstehen, werden mit deutlich höheren Zinsen einhergehen. Auch Covenants werden wieder verschärft“, beobachtet Thomas Cobet, Director im Düsseldorfer Büro von Alix Partners.

Zu wenig vorbereitet

Auf die steigenden Finanzierungskosten seien einige Unternehmen nicht hinreichend vorbereitet, meint Rainer Bizenberger, Managing Director bei dem Beratungshaus: „Anstatt frühzeitig ein Liquiditätspolster aufzubauen, rufen Unternehmenslenker inzwischen in schwierigen Phasen vermehrt reflexartig nach staatlichen Hilfen“, beobachtet er.

Doch auch staatliche Haushalte seien nicht unerschöpflich, und Hilfen müssten gegenfinanziert beziehungsweise erwirtschaftet werden. „Ich kann Managern daher nur davon abraten, sich langfristig auf Hilfsprogramme zu verlassen.“

Zwar liegt die Zahl der Insolvenzen in Deutschland nach wie vor auf historisch niedrigem Niveau, doch das billige Geld hat in den zurückliegenden Jahren so manche Schieflage überdeckt. Bei einer anstehenden Refinanzierung kommt es daher oft zum Schwur: Jeder dritte Restrukturierer glaubt, dass mindestens die Hälfte der von ihm betreuten kriselnden Firmen, die sich 2021 noch einmal aufgrund gut verfügbarer Finanzierungen retten konnten, binnen drei Jahren wieder in Schieflage geraten dürfte. Bizenberger sieht den Grund dafür in unzureichenden Neuausrichtungen: „Eine reine Finanzrestrukturierung, die keine operativen und strategischen Anpassungen um­fasst, behebt zumeist die Krisenursachen nicht.“

Neben den steigenden Finanzierungskosten sind derzeit die schwachen wirtschaftlichen Aussichten eine große Belastung für Unternehmen. Die  Perspektive ist düster: 83% der weltweit befragten Restrukturierer erwarten in den kommenden 24 Monaten eine Rezession in ihrer Region.

Unter den in Deutschland befragten Experten erwarten 71% sogar bereits innerhalb der kommenden zwölf Monate eine Rezession. Jeder vierte Teilnehmer rechnet mit dem Beginn sogar noch im laufenden Jahr.

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