Viele Unternehmen auf dem Rückzug ins Private
Börsenplätze im Vergleich
Rückzug ins Private
hei Frankfurt
Wenn das Verhältnis zwischen Listings und Delistings ein bedeutender Parameter für die Verfassung eines Finanzplatzes ist, dann ist es um den heimischen Platz nicht gut bestellt. In den vergangenen sieben Jahren überstieg die Zahl der neu gelisteten Unternehmen nur im Jahr 2018 die Zahl derer, die der Börse den Rücken gekehrt haben. Selbst im jüngsten Rekordjahr 2021, als es in Deutschland insgesamt 26 IPOs gab, darunter 24 im regulierten Markt, lag die Zahl der Delistings noch immer höher. Infolgedessen hat sich die Gesamtzahl der hierzulande börsennotierten Unternehmen zwischen 2018 und 2022 um knapp 8% verringert.
In jüngster Zeit haben vor allem Take Privates im Software- und Technologiesektor den Kurszettel gelichtet. Der IT-Dienstleister Suse gab ein kurzes und relativ unrühmliches Gastspiel an der Börse. Das Unternehmen wurde vom Finanzinvestor EQT im Mai 2021 aufs Parkett gehoben und im vergangenen Jahr wieder eingesackt. Auch Vantage Towers schmückte den Kurszettel für einen ähnlich kurzen Zeitraum. Aktuell läuft das Delisting der Software AG.
Ein Vergleich mit der deutlich größeren Euronext zeigt mit Blick auf das vergangene Jahr eine ähnliche Misere. 109 Delistings standen nur 64 Börsengänge gegenüber. Allerdings war das IPO-Klima 2023 unter dem Eindruck einer drastischen Zinswende, konjunktureller Schwäche in Europa und eines anhaltend gespannten geopolitischen Umfelds so kühl wie kaum jemals in den Jahren seit 2017. Dafür konnte die Euronext im Krisenjahr 2022, als der Ukraine-Krieg ausbrach und unter anderem eine Energiepreisexplosion nach sich zog, Listings und Delistings fast in Waage halten. Davon abgesehen gelang der Dreiländerbörse 2020 eine Trendwende gegenüber den Vorjahren, mit deutlich mehr Listings als Delistings. In Deutschland muss der stetige Rückgang der Zahl der börsennotierten Unternehmen Anlass zur Sorge geben. Dies zumal, wenn ein ehemaliger MDax-Wert wie Rocket Internet seinen Rückzug im Jahr 2020 damit begründet, dass eine Börsennotierung gar keinen Vorteil habe, "privates Kapital" gebe es schließlich genug.