Finanzierungsrunde

Sennder stapelt den nächsten Investor auf die Ladefläche

Die Berliner Digitalspedition Sennder hat die jüngste Finanzierungsrunde um 80 Mill. Dollar erweitert und Baillie Gifford als Investor an Bord geholt. Die britische Investmentfirma soll helfen, einen Börsengang vorzubereiten.

Sennder stapelt den nächsten Investor auf die Ladefläche

Von Stefan Paravicini, Berlin

Die Berliner Digitalspedition Sennder hat ihre jüngste Finanzierungsrunde erweitert und bei Investoren rund um die britische Investmentfirma Baillie Gifford noch einmal mehr als 80 Mill. Dollar eingeworben. Alle Bestandsinvestoren haben sich an der Finanzierungsrunde beteiligt, wie das Unternehmen mitteilt. Damit steigt das Volumen der Mitte Januar aufgeladenen Series D auf mehr als 240 Mill. Dollar. Die Bewertung liegt oberhalb der gut 1 Mrd. Dollar, die Sennder im Januar erzielt hatte. „Da wir uns in den vergangenen sechs Monaten weiterentwickelt haben, eine Übernahme gemacht haben und mehr Geld in der Firma steckt, hat sich die Bewertung weiter erhöht“, erklärt der Co-Firmengründer und CEO David Nothacker. „Im Großen und Ganzen“ sei das Shareholder Agreement im Vergleich zum Jahresauftakt aber unverändert.

1 Mrd. Euro Umsatz bis 2023

„Wir sollten jetzt alles haben, um auf die 1 Mrd. Euro Umsatz zu kommen“, sagt Nothacker zu dem im vergangenen Jahr ausgegebenen Mittelfristziel, das die 2015 gegründete Firma bis 2023 anpeilt. Ob Sennder danach bereits den Blinker für ein IPO setzen könnte oder mit einem Börsengang noch bis zum Erreichen der bis 2025 angepeilten 2 Mrd. Euro Umsatz warten wird, lässt Nothacker offen. Baillie Gifford, die unter anderem bei Börsenhits wie Amazon, Tesla und Spotify als Pre-IPO-Investor aufgefallen ist und in Deutschland derzeit auch bei Curevac und Lilium engagiert ist, soll jedenfalls mithelfen, die Firma auf einen Börsengang vorzubereiten. So planen die Berliner mit Unterstützung des britischen Investmenthauses, in den kommenden Monaten ein unabhängiges Beratergremium zu bestellen, dass das Management von Sennder auf der nächsten Wachstumsstufe und mit Blick auf gute Unternehmensführung begleiten soll.

Nach der Erweiterung der Series D hat die Firma, die Frachtführer mit Verladern über ihre digitale Plattform verknüpft und dabei auf Komplettladungen für die Straßenfracht fokussiert, mehr als 350 Mill. Dollar bei Investoren wie Accel, Lakestar, HV Capital, Earlybird und Scania eingesammelt. Die zusätzlichen Mittel will Sennder vor allem in weitere Zukäufe in Europa investieren sowie in die Incentivierung von Frachtführern auf der eigenen Plattform und in den Ausbau des Geschäfts mit Software as a Service (SaaS), wie Firmenchef Nothacker erklärt.

Erst vor wenigen Tagen hatte Sennder den Zukauf der niederländischen Spedition Cars&Cargo gemeldet. Ähnliche Akquisitionen dürften folgen und könnten das Unternehmen auch in neue europäische Ländermärkte führen. Im vergangenen Jahr hatte die Firma mit den Übernahmen von Uber Freight Europe und der französischen Everoad den europäischen Markt für Digitalspeditionen konsolidiert.

„Wir kaufen keine Kundenbeziehungen, sondern Zugang zu Kapazitäten“, erklärt Nothacker den Fokus bei M&A. Denn der Mangel an Lkw-Fahrern – allein in Deutschland fehlen nach Einschätzung von Sennder 60000 bis 80000 Fahrer, weil viele während der Pandemie in ihre Heimatländer in Osteuropa oder Südamerika zurückgekehrt sind – zählt zu den größten Herausforderungen für Sennder, die auf ihrer Plattform aktuell rund 12500 Trucks in ganz Europa vermittelt und damit bei Beobachtern als Marktführer unter den Digitalspeditionen auf dem Alten Kontinent gilt.

Auf Vorteile im Wettbewerb um Lkw-Kapazitäten mit Logistikgrößen wie Kühne + Nagel oder DB Schenker zielt Sennder auch mit der Incentivierung von Fahrern, die ihre Frachtkapazität über die Plattform der Digitalspedition anbieten. Dafür hat die Firma sich zuletzt mit einem Spezialisten des Fahrdienstvermittlers Uber verstärkt.

Mit den zusätzlichen Mitteln das Tempo erhöhen möchte Nothacker außerdem im Geschäft mit Software as a Service. Erster Kunde ist hier das Berliner Logistikunternehmen Zeitfracht, das seit dem Frühjahr die Software sennOS nutzt, um das eigene Geschäft digital abzubilden. „Das wird uns erlauben, größere Teile des 427 Mrd. Dollar großen europäischen Frachtgeschäfts zu adressieren“, sagt der CEO.

Strategischer Partner gesucht

Für mehr Frachtvolumen auf der Plattform von Sennder könnte demnächst auch ein strategischer Investor sorgen, der neben zusätzlichem Kapital auch Geschäft mitbringen soll. „Wir planen weiterhin, noch einen Strategen dazuzuholen“, bestätigt Nothacker Pläne für einen weiteren Ausbau des Investorenkreises. Bis eine kommerzielle Partnerschaft definiert sei, könne es allerdings noch dauern.