Billigmodehändler

Shein steht vor Bewertungs­einbruch

Der chinesische Fast-Fashion-Riese galt zuletzt als drittwertvollstes Privatunternehmen der Welt. Womöglich muss sich der für seine spottbillige Mode bekannte Händler bald mit einem deutlich kleineren Preisschild zufriedengeben.

Shein steht vor Bewertungs­einbruch

kro Frankfurt

Der chinesische Online-Billigmodehändler Shein, der dafür bekannt ist, die Fast-Fashion-Strategie kompromisslos auf die Spitze zu treiben, ist gegen die globalen Bewertungseinbrüche im Zuge der konjunkturellen Unsicherheit offenbar nicht gefeit. Laut einem Bericht der „Financial Times“ steht das 2008 vom Marketingexperten Chris Xu gegründete Unternehmen derzeit in Gesprächen mit Investoren über eine Finanzierungsrunde, in deren Rahmen Shein bis zu 3 Mrd. Dollar einsammeln will, dabei aber eine Bewertung von 64 Mrd. Dollar hinnehmen müsste. Im Vergleich zu der Bewertung von 100 Mrd. Dollar, auf die es Shein im April vergangenen Jahres in einer damaligen Finanzierungsrunde gebracht hatte, wäre das ein gutes Drittel weniger. Shein galt damals nach Abschluss des Deals als das drittwertvollste Privatunternehmen der Welt, nach der chinesischen Tiktok-Mutter Bytedance und dem US-Raumfahrtunternehmen SpaceX.

Insidern zufolge handelt es sich bei den Investoren um Mubadala, eine staatliche Beteiligungsgesellschaft aus Abu Dhabi, den Wagniskapitalgeber Sequoia China und das Private-Equity-Unternehmen General Atlantic. Die drei Geldgeber waren schon an der vorherigen Finanzierungsrunde von Shein beteiligt. Der neue Deal soll nun in den kommenden Monaten abgeschlossen werden.

IPO-Pläne bleiben bestehen

Risikokapital- und Wachstums­investoren haben ihre Investitionen nach einem Rekordjahr 2021 im vergangenen Jahr massiv zurückgefahren. Laut Daten von Crunchbase sind die globalen Finanzierungsvolumina um 35 % auf 445 Mrd. Dollar geschrumpft. Vor allem ab der zweiten Jahreshälfte kühlte der Markt deutlich ab. Die Turbulenzen an den öffentlichen Märkten, geopolitische Spannungen und steigende Zinsen wirkten sich auch auf das IPO-Geschehen aus, das massiv abflaute. EY zählte im vergangenen Jahr 1 333 Börsengänge und somit 45 % weniger als im Vorjahr.

An den eigenen Börsenplänen hält Shein laut einem Insider aber nach wie vor fest. Noch in diesem Jahr sei ein Listing in den USA angestrebt, dem größten Markt für die E-Commerce-Plattform. Das Unternehmen, das ursprünglich als Online-Shop für Hochzeitskleider angefangen hatte, war vor allem mit Beginn der Corona-Pandemie kräftig gewachsen. 2020 sei der Umsatz von gut 3 Mrd. Dollar im Vorjahr auf rund 10 Mrd. Dollar geklettert, wie Insider damals verrieten. 2021 sollen es schon knapp 16 Mrd. Dollar gewesen sein. 2022 seien laut der FT nun 30 Mrd. Dollar zusammengekommen. Zum Vergleich: Der Umsatz von H&M lag im vergangenen Geschäftsjahr bei knapp 22 Mrd. Dollar. Die spanische Inditex, die als größter Modekonzern der Welt gilt, verbuchte im Geschäftsjahr 2021 knapp 28 Mrd. Euro.

Die Nachfrage kurbelt Shein vor allem durch ein ständig wechselndes Angebot mit täglich Hunderten neuen Kleidungsstücken, extrem niedrigen Preisen und einem aggressiven Social-Media-Marketing – vor allem über die Video-App Tiktok – an. Laut dem App-Analyseunternehmen Apptopia war Shein im vergangenen Jahr die am häufigsten heruntergeladene Shopping-App weltweit. Allerdings zieht das Unternehmen auch immer wieder Kritik auf sich. Oft geht es dabei um Produktpiraterie, fragwürdige Arbeitsbedingungen und Klimaschädlichkeit.

Die Kosten hält Shein auch durch den weitgehenden Verzicht auf stationäre Geschäfte niedrig. Abgesehen von einigen temporären Pop-up-Stores setzt der Händler vollständig auf den Online-Verkauf.