Siemens Energy erhöht die Ambitionen
Siemens Energy erhöht die Ambitionen
Ziele für das Jahr 2028 angehoben – Starke Nachfrage stimmt den Vorstand optimistisch – Gamesa noch mit Verlust
jh München
Der steigende Strombedarf treibt das Wachstum von Siemens Energy an. Der Vorstand rechnet deshalb mit mehr Umsatz und einer höheren Profitabilität im Jahr 2028, als er vor einem Jahr angenommen hatte. Das begeistert die Investoren. Die Aktie ist in diesem Jahr der Überflieger im Dax, der Kurs erreicht einen neuen Höchststand.
Siemens Energy rechnet sich beste Chancen aus, vom zunehmenden Strombedarf und -verbrauch in der Welt zu profitieren. „Der Strommarkt befindet sich in einem immensen Wachstum“, sagte der Vorstandsvorsitzende Christian Bruch in der Jahrespressekonferenz. Im Jahr wachse der Markt derzeit um 2,7%. Damit komme der vergleichbare Strombedarf eines großen Industrielandes wie Japan jährlich hinzu. Ein Fünftel der zusätzlichen Menge sei allein wegen des Ausbaus von Rechenzentren notwendig – forciert von Entwicklungen der künstlichen Intelligenz.
Wegen des hohen Auftragsbestands von 123 Mrd. Euro und der starken Nachfrage hat der Münchner Energietechnikkonzern nun die vor einem Jahr genannten Mittelfristziele erhöht. Der Vorstand erwartet, dass der Umsatz bis 2028 durchschnittlich um einen hohen einstelligen oder sogar niedrigen zweistelligen Wert wächst. Im letzten Quartal des am 30. September beendeten Geschäftsjahres 2023/24 nahm der Erlös auf vergleichbarer Basis um 16,6% zu, in den gesamten zwölf Monaten um 12,8% auf 34,5 Mrd. Euro.
Für die Ergebnis-Marge peilt das Management einen Anstieg von zuletzt 1% auf 3 bis 5% in diesem Geschäftsjahr (jeweils ohne Sondereffekte) und 10 bis 12% im Jahr 2028 an. Bisher waren 8% das Ziel. „Wir machen das nicht ohne Substanz“, kommentierte Bruch den Ausblick. Die Umsätze und Margen der Aufträge für dieses und das kommende Jahr seien bekannt, zum Teil auch schon für 2027.
Bester Jahreswert im Dax
Das gute Abschneiden im Schlussquartal und die optimistischeren Aussichten trieben den Aktienkurs am Mittwoch auf einen neuen Höchststand. Kurz vor Xetra-Schluss betrug der Tagesgewinn mehr als 18%. Seit Jahresbeginn hat sich der Wert nahezu vervierfacht. Siemens Energy ist in diesem Jahr mit Abstand die erfolgreichste Aktie im Dax. Die Analysten von Goldman Sachs bezeichnen die Aussichten für das Unternehmen als „starke und langfristige Wachstumsstory“.
Bruch rechnet damit, dass das Geschäft mit der Netztechnik zum Transport von Strom – das Segment Grid Technologies – am stärksten wächst und 2026 die größte Sparte von Siemens Energy sein wird. Seine Begründung: Zum einen sei ein erheblicher Teil der Netzinfrastruktur veraltet, zum anderen müssten die Netze stärker als die Energieerzeugung erweitert werden, um Spitzenlasten zu bewältigen. Das angenommene Wachstum will das Unternehmen mit dem Ausbau der eigenen Produktionskapazitäten stemmen.
Siemens Gamesa bleibt noch in der Verlustzone
Wie erwartet schnitt Siemens Gamesa mit dem Windkraftgeschäft mit Abstand am schlechtesten von den vier Segmenten ab. Der Verlust vor Sondereffekten reduzierte sich allerdings auf 1,78 (i.V. 4,35) Mrd. Euro. In diesem Jahr sollen es etwa 1,3 Mrd. Euro sein. Die Sparte habe die Ziele für 2024 erreicht, berichtete Bruch. Die im vergangenen Jahr festgestellten technischen Probleme von Windturbinen für installierte Anlagen an Land würden mit den Kunden Schritt für Schritt abgearbeitet. „Wir haben es selbst in der Hand, die Probleme zu lösen“, sagte er.
2026 soll Siemens Gamesa die Gewinnschwelle erreichen. Langfristig werde eine zweistellige Marge angestrebt. Wegen der Qualitätsprobleme seien 2028 mehr als die avisierten 3 bis 5% nicht möglich. Die Schwierigkeiten verursachten die Turbinen 4.X und 5.X. Die 4.X-Plattformen verkauft Siemens Energy seit September wieder. Die 5.X sollen in diesem Geschäftsjahr auf den Markt zurückkehren.
Keine Dividende
Die vom Bund gewährte Bürgschaft in Milliardenhöhe im Zusammenhang mit den Mängeln der Turbinen kostete Siemens Energy im vergangenen Geschäftsjahr 100 Mill. Euro Gebühren, wie Finanzchefin Maria Ferraro berichtete. In diesem Jahr werde es etwas mehr sein. Sie und Bruch bekräftigten, der Konzern wolle die Staatshilfe so schnell wie möglich ablösen. Das brauche jedoch Zeit und sei keine Frage von Wochen, fügte Bruch hinzu. Solange die Bürgschaft gewährt wird, darf das Unternehmen weder eine Dividende ausschütten noch dem Vorstand Boni zahlen. Andernfalls wäre der Nettogewinn von 1,34 Mrd. Euro im vergangenen Geschäftsjahr die Basis gewesen, um 40 bis 60% davon den Aktionären zu zahlen, sagte Bruch. Im Jahr zuvor wies der Konzern einen Verlust von 4,59 Mrd. Euro aus.