Schwaches Automatisierungsgeschäft ausgeglichen

Große Software-Aufträge machen Siemens robust

Mit einem außergewöhnlichen Umsatzwachstum des Software-Geschäfts macht Siemens im vergangenen Quartal den Rückgang in der Automatisierungssparte wett. Eine Erholung der Konjunktur erwartet der Vorstand vorerst nicht.

Große Software-Aufträge machen Siemens robust

Große Software-Aufträge machen Siemens robust

Außergewöhnliches Umsatzwachstum der Sparte gleicht Schwäche im Automatisierungsgeschäft aus – Nur langsame Konjunkturerholung erwartet

jh München

Der Vorstand von Siemens kann keine Hoffnung auf eine Erholung der Konjunktur in absehbarer Zeit machen. Zwar erkennt er positive Signale aus der frühzyklischen Chemiebranche. Insgesamt zeichnet sich nach seiner Einschätzung jedoch ab, dass es länger als zunächst erwartet dauert, bis Investitionen anziehen.

Siemens stellt sich darauf ein, dass die Wirtschaftslage vor allem in China und in Europa noch einige Zeit schwierig bleibt. „In wichtigen Branchen wie Maschinenbau und Automobilindustrie ist das Investitionsklima schlecht“, sagte der Vorstandsvorsitzende Roland Busch in einer Telefonkonferenz. Dennoch hat der Münchner Konzern mit den Zahlen für das dritte Quartal des Geschäftsjahres (30. September) besser abgeschnitten, als der Markt erwartet hatte. „Die Dynamik im Geschäftsvolumen ist robust“, berichtete Busch.

Der Aktienkurs startete am Donnerstag mit leichten Verlusten in den Xetra-Handel, lag zum Schluss aber mit 159,20 Euro 2,1% im Plus. Der Auftragseingang von Siemens sank in den Monaten von April bis Juni auf knapp 19,8 Mrd. Euro. Bereinigt um Portfolio- und Währungseffekte bedeutete dies einen Rückgang um 15%.

Smart Infrastructure wächst um 10 Prozent

Dagegen legte der Konzernumsatz um 5% auf 18,9 Mrd. Euro zu. Den größten Beitrag zu diesem Wachstum habe mit einem Anstieg von 10% auf 5,4 Mrd. Euro das Segment Smart Infrastructure geliefert. Der Umsatz von Digital Industries stagnierte mit 4,9 Mrd. Euro. Hier entwickelten sich die einzelnen Geschäfte jedoch sehr unterschiedlich, wie Busch erläuterte: Den Rückgang im Automatisierungsgeschäft habe „ein außergewöhnliches Umsatzwachstum“ von 82% in der Software-Sparte ausgeglichen.

Im Zwischenbericht weist Siemens einen Anstieg in diesem Geschäft um 925 Mill. Euro auf 2,1 Mrd. Euro aus. Daraus lässt sich schließen, dass der Quartalserlös der Automatisierung um etwa 1 Mrd. Euro oder um ein Viertel gesunken ist.

Finanzvorstand Ralf Thomas berichtete von sieben großen Software-Lizenzverträgen im Volumen von jeweils einem zwei- oder dreistelligen Euro-Millionenbetrag. Zudem sei die Marge attraktiv. Schon im Mai hatte Thomas einen starken Software-Umsatz angekündigt. Solche Aufträge bahnten sich oft über Jahre an, sagte er. „Das wird sich in diesem Ausmaß in nächster Zeit aber nicht wiederholen lassen“, fügte der Finanzchef hinzu. Siemens habe auch Kunden von Wettbewerbern gewonnen.

Noch hohe Lagerbestände

Im Automatisierungsgeschäft verringerten sich die Lagerbestände von Distributoren, Endkunden und Siemens selbst nur langsam auf ein normales Niveau, vor allem in China, berichtete Thomas. Konzernchef Busch rechnet mit zwei schwachen Quartalen bis Ende 2024. Die dann folgenden drei Monate müssten abgewartet werden. „Dann müsste es eigentlich wieder anziehen.“

In dem kurzzyklischen Geschäft setze Siemens „weiterhin auf Anstrengungen im Vertrieb, eine gezielte Produktentwicklung und rigoroses Kostenmanagement“, sagte Busch. „Daher bestätigen wir unseren Konzernausblick für das Geschäftsjahr 2024.“

Kapazitäten sind nicht ausgelastet

Thomas ergänzte, Siemens nutze als Reaktion auf unterausgelastete Kapazitäten an einigen Standorten alle Möglichkeiten für Flexibilität. Eine Frage nach Kurzarbeit in Deutschland beantwortete er nicht konkret. Medien in Franken hatten schon im Mai von einer vorübergehenden Produktionspause im Erlanger Gerätewerk berichtet. Auch die Zahl der Zeitarbeitskräfte sei verringert worden.

Das Ergebnis des Industriegeschäfts steigerte der Konzern im vergangenen Quartal um 11% auf rund 3 Mrd. Euro. Die Ergebnismarge nahm auf 16,5 (i.V. 15,4)% zu. „Alle Geschäftsbereiche verbesserten ihre Profitabilität“, stellte Busch fest. Die größten Zuwächse erzielten Smart Infrastructure und Siemens Healthineers. Smart Infrastructure (SI) erhöhte das operative Ergebnis auf 923 (769) Mill. Euro.

Operative Margen steigen

Den größten Ergebnisbeitrag lieferte weiterhin mit einer leichten Zunahme auf 1,1 Mrd. Euro Digital Industries (DI). Das gelang Siemens dank der besonders lukrativen großen Software-Lizenzverträge. Die operative Marge von DI stieg auf 22,9 (21,9)%. SI steigerte sich auf 17,0 (15,6)%, Mobility (Bahntechnik) verbesserte sich auf 8,7 (8,1)%.