Stahlkonzerne sagen Fusion ab
ths Madrid
Die Bildung eines europäischen Marktführers für Edelstahl ist zumindest vorerst gescheitert. Nur wenige Tage nachdem sie Fusionsgespräche in einem frühen Stadium bestätigt hatten, erklärten der spanische Stahlkonzern Acerinox und die niederländische Aperam die Annäherung schon wieder für beendet. Bei einem Zusammenschluss hätten die Konzerne mit einer Produktionskapazität von 2,3 Mill. Tonnen Edelstahl pro Jahr die bisherige Nummer 1 in Europa, die finnische Outokumpu, um Längen übertroffen. Auch in den USA und Brasilien sind die Unternehmen stark vertreten.
Aperam entstand 2011 durch eine Abspaltung vom Stahlriesen ArcelorMittal und wird heute noch von der indischen Mittal-Familie kontrolliert. Hauptaktionär von Arcelor, die im spanischen Leitindex Ibex35 vertreten ist, ist die Corporación Financiera Alba – das Investitionsvehikel der mallorquinischen Bankerfamilie March, die knapp 18% der Anteile hält. Die beiden Unternehmen haben einen Börsenwert von jeweils etwas mehr als 3 Mrd. Euro.
Die offizielle Bestätigung der Gespräche Ende vergangener Woche kam am Markt gut an. Dagegen fielen die Kurse nach der Ankündigung des Endes der Kontakte am Montag. Der Aufsichtsrat von Acerinox habe einstimmig beschlossen, die Gespräche zu beenden, hieß es in einer Mitteilung an die Madrider Börsenaufsicht CNMV. Nach Meinung mancher Analysten könnte dies aber noch nicht das letzte Wort sein. „Die rasche Mitteilung des Endes der Gespräche, nach der Bestätigung am Freitag, lässt uns vermuten, dass es sich bei der Operation nicht um eine Fusion beider Unternehmen handelte, sondern um eine Übernahme von Acerinox durch Aperam und dass der gebotene Preis den Aufsichtsrat nicht überzeugte und daher die Verhandlungen beendet wurden“, kommentierte César Sánchez-Grande von Renta4 Banco in Madrid.
Der Kurs von Acerinox lag am Dienstag knapp unter 12 Euro; Renta4 nennt ein Kurspotenzial von fast 20 Euro. Acerinox hatte in den ersten drei Monaten einen Quartalsrekordgewinn von 266 Mill. Euro eingefahren. Die hohe Nachfrage nach Edelstahl bzw. höhere Preise glichen die Mehrkosten durch die gestiegenen Energiepreise aus, zumal Wettbewerber von außerhalb Europas mehr unter den höheren Transportkosten leiden. Die überwältigende Mehrheit der Analysten empfiehlt die Aktie zum Kauf. Sánchez-Grande hält daher eine feindliche Übernahme durch Aperam für möglich.
Die Mittal-Gruppe hat Erfahrung mit Übernahmeschlachten, wie die Akquisition von Arcelor, einem Zusammenschluss von französischen, spanischen und luxemburgischen Stahlproduzenten, 2006 zeigt. Ein Problem könnte jedoch die Wettbewerbsaufsicht sein. 2019 war ein Joint Venture von Thyssenkrupp und Tata Steel untersagt worden.