Steag fordert Kohlestrom gegen Preisspitzen
In der Debatte um eine effizientere Ausgestaltung der Energiewende schlägt der Chef des Essener Versorgers Steag Iqony, Andreas Reichel, jetzt vor, die Einsatzmöglichkeiten von systemrelevanten Backup-Kraftwerken neu auszuloten. „Die Kraftwerke sollten nicht nur Strom produzieren dürfen, um das Netz stabil zu halten, sondern auch, um Preisspitzen im Strommarkt zu dämpfen“, sagt Reichel im Gespräch der Börsen-Zeitung.
Das ist im heutigen Regulierungsrahmen nicht erlaubt, weshalb auch bei „Dunkelflauten“ nicht alle theoretisch verfügbaren konventionellen Kraftwerke Strom produzieren. Infolgedessen war etwa Anfang Dezember der Strombörsenpreis auf zwischenzeitlich knapp 1.000 Euro je Megawattstunde emporgeschnellt.
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Die deutschen Reservekapazitäten summieren sich auf knapp 8,6 Gigawatt – überwiegend alte Steinkohleblöcke. Auch sechs Steag-Kraftwerke gehören dazu. Dem Vorschlag von Reichel zufolge könnten diese Anlagen künftig auch zeitlich begrenzt wieder eingesetzt werden, wenn beispielsweise der Strombörsenpreis länger als drei Stunden über einer Marke von 150 Euro liegt.
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Reichel hat seinen Vorschlag, Kohlestrom künftig stärker auch zur Preisdämpfung einzusetzen, schon bei den Energiepolitikern in Berlin vorgetragen und nach eigenen Angaben sehr positive Resonanz erhalten. „Es ist allen klar, dass der im Koalitionsvertrag der Ampel angestrebte Kohleausstieg 2030 so nicht mehr zu halten ist“, sagt Reichel. Da sich die neuen Backup-Anlagen – wasserstofffähige Gaskraftwerke –, die die erneuerbaren Energien langfristig absichern sollen, verzögern, rechnet der Steag-CEO damit, dass die vorhandenen Kohlekraftwerke wohl bis Mitte der 2030er Jahre laufen müssen. „Dies weiß auch die Politik.“
Im Wahlprogramm von CDU/CSU ist ebenfalls schon vermerkt, dass es kein weiteres endgültiges Abschalten von Kohlekraftwerken geben dürfe, solange als Ersatz keine neuen Gaskraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen gebaut sind.
Klage gegen Bundesnetzagentur
Ungeachtet der Umsetzung von Reichels Vorschlag durch die neue Bundesregierung geht Steag Iqony juristisch gegen den aktuellen Umgang mit den systemrelevanten Backup-Kraftwerken vor. Es geht dem Essener Konzern darum, für die ständige Betriebsbereitschaft der Anlagen, die eigentlich stillgelegt werden sollten, mehr als bloße Kostenerstattung zu bekommen. „Wir reichen bis Ende Februar die Klagebegründung beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein“, kündigt Unternehmenschef Reichel im Gespräch an. Die Klage richte sich gegen die Bundesnetzagentur. „Wir verlangen eine angemessene Vergütung.“
Steag fordert Kohlestrom
gegen Preisspitzen
CEO Reichel will Einsatz von Backup-Kraftwerken ausweiten – Klage angekündigt
ahe/ab Berlin/Köln
Im Gespräch Seite 9