Steuererklärung zieht Investoren an
sp Berlin
„Nichts in dieser Welt ist sicher, außer dem Tod und den Steuern“, wusste schon Benjamin Franklin. Das Interesse von Investoren an Technologiefirmen, die eine Vereinfachung der Steuererklärung für Private, Selbständige, Unternehmen und ihre Steuerberater versprechen, ist daher groß. Taxfix aus Berlin, die gerade mit einer 220 Mill. Dollar schweren Finanzierungsrunde unter Führung der kanadischen Teachers’ Venture Growth (TVG) für Aufsehen sorgte und dabei eine Bewertung oberhalb von 1 Mrd. Dollar erzielte, ist nur ein Beispiel. Nach Einschätzung der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte hat sich das Volumen von Risikokapitalfinanzierungen für Start-ups aus dem Taxtech-Sektor im vergangenen Jahr auf knapp 900 Mill. Dollar mehr als verdreifacht (siehe Grafik). Die Corona-Pandemie dürfte gerade in Deutschland ein wichtiger Faktor für die Beschleunigung gewesen sein, weil viele Angestellte wegen Kurzarbeit zum ersten Mal überhaupt eine Steuererklärung abgegeben haben und dabei auch online nach Hilfe suchten. Der Kryptoboom spielt Taxtech ebenfalls in die Karten.
Besonders gesucht waren zuletzt Technologiefirmen, die sich mit der Abwicklung von Steuern in Kryptowährungen beschäftigen, obwohl es dafür noch keine belastbaren Rahmenbedingungen gibt. Nach Einschätzung von Deloitte machte das Kryptosegment im vergangenen Jahr allein etwa ein Drittel der Venture-Capital-Investitionen in Taxtech aus. Zu den größten Deals 2021 zählte eine 130 Mill. Dollar schwere Finanzierungsrunde von Taxbit aus dem US-Bundesstaat Utah, die in der Series B unter Führung von IVP und Insight Partners eine Bewertung von 1,3 Mrd. Dollar erzielte. Im Januar sammelte Lukka aus New York, die von Deloitte dem Kryptosegment innerhalb des Taxtech-Sektors zugeschlagen wird, 110 Mill. Dollar unter Führung von Marshall Wace ein und erreichte ebenfalls eine Milliardenbewertung.
Peter Thiel ist mit dabei
Die mobile Steuer-App der 2016 gegründeten Taxfix richtet sich vor allem an Private, denen eine Steuererklärung mit der Elster-Software der deutschen Steuerverwaltung auch ohne Berücksichtigung von Kryptowährungen zu umständlich ist. Auch in Italien und Spanien wurde die App bereits millionenfach heruntergeladen. Zu den Investoren in der jüngsten Finanzierungsrunde zählen neben TVG – eine Tochter des kanadischen Pensionsfonds Ontario Teachers Pension Plan – die Bestandsinvestoren Index Ventures, Creandum, Redalpine und Valar Ventures, hinter der der schillernde US-Investor Peter Thiel steht. Insgesamt hat Taxfix mittlerweile 330 Mill. Dollar Kapital eingesammelt. Der Berliner Konkurrent Wundertax, mit deren Software sich die Steuererklärung ebenfalls online erledigen und an das Finanzamt senden lässt, hat nach Angaben des Informationsdienstes Crunchbase seit der Gründung 2015 knapp 5 Mill. Euro eingeworben. Die 4 Mill. Euro große Series A wurde Ende 2017 von Capnamic Ventures und Profounders Capital angeführt. Zasta aus Rostock bietet eine App an, bei der Nutzer die Steuererklärung mit Hilfe eines Steuerberaters online erledigen können. Eine Venture-Runde in der Größenordnung von 3 Mill. Euro im Frühjahr 2019 wurde laut Crunchbase von der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern und Anyon Holding aus Eschborn angeführt.
Bei Investoren besonders erfolgreich war zuletzt die Hamburger Taxdoo, die sich mit ihrer Software nicht an Private, sondern an Online-Händler und ihre Steuerberater wendet. Ihnen verspricht das Fintech, internationale Umsatzsteuern und Finanzbuchhaltung im Einklang mit den jeweiligen Compliance-Anforderungen erfüllen zu können. Das hat Investoren unter Führung von Tiger Global Management überzeugt, Ende 2021 knapp 60 Mill. Euro in einer Series B zu investieren. Accel, Visionaries Club und The Twenty Minute VC waren ebenfalls dabei.