Inflation

Tesco hat keine Hoffnung auf höhere Gewinne

Die Nummer 1 unter den britischen Supermärkten blickt wegen der immer weiter steigenden Verbraucherpreise mit Vorsicht ins neue Jahr. Die Kette muss derzeit noch stärker als sonst darum kämpfen, ihre Kunden nicht an die Discounter zu verlieren.

Tesco hat keine Hoffnung auf höhere Gewinne

kro Frankfurt

Die größte britische Supermarktkette Tesco stellt ihre Anleger wegen der massiv gestiegenen Erzeuger- und Verbraucherpreise auf eine Durststrecke beim Gewinnwachstum ein. „Das externe Umfeld ist in den vergangenen Monaten zweifellos herausfordernder geworden“, sagte Chief Executive Officer Ken Murphy bei der Vorstellung der vorläufigen Zahlen für das Ende Februar abgelaufene Geschäftsjahr. „Für unsere Kunden ist die Situation schwierig und die Haushaltsbudgets stehen unter Druck, weswegen wir uns stark darauf konzentrieren, die Kosten für den Wochenendeinkauf in Schach zu halten“, erklärte der Manager.

Um das zu erreichen, arbeite man eng mit den Lieferanten zusammen und setze zugleich alles daran, die eigenen Kosten zu reduzieren. So will die FTSE-100-Gesellschaft unter anderem in den kommenden drei Jahren rund 1. Mrd. Pfund einsparen. Zu den beschlossenen Maßnahmen zählen der Stopp der 2018 ins Leben gerufenen Discounter-Marke Jack‘s und die Beendigung des nächtlichen Regalauffüllens in insgesamt 85 Supermärkten.

Die Unsicherheit bleibe für Tesco dennoch „erheblich“, sagte Murphy. Aus dem Grund hat das Unternehmen für das laufende Geschäftsjahr nun eine breitere Prognosespanne als üblich herausgegeben. Das bereinigte operative Ergebnis im Einzelhandelsgeschäft soll demnach bei 2,4 bis 2,6 Mrd. Pfund (2,9 bis 3,1 Mrd. Euro) liegen. Damit erwartet das Management bestenfalls eine Stagnation − im vergangenen Geschäftsjahr wurden an der Stelle bereits 2,6 Mrd. Pfund erwirtschaftet. Im Bankgeschäft peilt Tesco rund 120 bis 160 Mill. Pfund an, nach 176 Mill. ein Jahr zuvor.

An der Börse kam der Ausblick nicht gut an: Die Aktie gab zwischenzeitlich um mehr als 7 % nach. Während die meisten Analysten an ihren Empfehlungen zum Kauf der Aktie festhielten, stufte Clive Black von Shore Capital sein Urteil von „Kaufen“ auf „Halten“ herab. Seine Schätzung für den Gewinn je Aktie im laufenden Geschäftsjahr senkte er um 4 bis 5 %. „Die Entwicklung im Geschäftsjahr 2022 sei sehr gut gewesen, da Tesco im Kernmarkt Großbritannien Marktanteile habe gewinnen können und sich in Irland gut entwickelt habe“, zitiert ihn die Nachrichtenagentur Dow Jones. Die Analysten würden in Großbritannien angesichts der steigenden Preise jedoch mit einer Rezession beim Konsum rechnen.

Die Inflation hat sich im Vereinigten Königreich im März noch mal beschleunigt. Die Verbraucherpreise stiegen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 7 % (siehe Bericht Seite 6). Marktforscher haben seit Beginn des Ukraine-Kriegs bereits einen verstärkten Zustrom von Kunden zu Lebensmittel-Discountern wie Lidl oder Aldi beobachtet, die in Großbritannien zu den zehn größten Lebensmitteleinzelhändlern gehören. Mit einem Marktanteil von 27% ist Tesco aber nach wie vor der mit Abstand größte Platzhirsch auf der Insel. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 360000 Mitarbeiter und hat im vergangenen Jahr einen Umsatz auf vergleichbarer Basis und ohne das Tankstellengeschäft von 54,8 Mrd. Pfund eingefahren (+2,5%).

Manche Beobachter äußern sich allein deswegen momentan auch noch zuversichtlich über die weitere Entwicklung der Kette. Richard Lim von Retail Economics wird von Bloomberg mit den Worten zitiert, dass Tesco „gut positioniert“ sei, um ihre Marktanteile zu halten. Ihre Maßnahmen zur Kundenbindung und ihrer schieren Größe würden ihr bedeutende Verhandlungsmacht verleihen.