Tui baut Staatshilfe ab
hei Frankfurt – Der Touristikriese Tui unternimmt einen weiteren Schritt, um sich vom Joch des Staates zu befreien. Zum 30. Juni 2022 wurde die stille Einlage II über 671 Mill. Euro vollständig und zuzüglich fälliger Zinsen an den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) zurückgezahlt, wie das Unternehmen mitteilte. Einschließlich Zinsen flossen dabei 725 Mill. Euro an den Staat. Tui stemmte die Rückgabe aus Mitteln der Kapitalerhöhung im Mai, bei der dem Reisekonzern brutto 425 Mill. Euro zugeflossen waren, sowie aus Barmitteln.
Aufgrund der starken Buchungsnachfrage, die sich zu Jahresbeginn nach zwei düsteren Coronajahren spürbar belebt hatte, hatte sich die Kassenlage bei Tui wieder etwas entspannt. Die Liquidität wurde zum Ende des ersten Geschäftshalbjahres (per 31.3.) mit 1,64 Mrd. Euro angegeben und sollte im Zuge des Mittelzuflusses in der laufenden Sommersaison noch weiter anschwellen. Der scheidende Tui-Chef Fritz Joussen und sein designierter Nachfolger Finanzvorstand Sebastian Ebel bekräftigten die Aussicht auf ein „weiter starkes Sommergeschäft“. Damit sei Tui „auf dem Weg zurück zu einem normalen Unternehmen“.
Vor diesem Hintergrund reduziert der Konzern auch die bestehenden und aktuell nicht gezogenen KfW-Kreditlinien von 2,4 auf noch 2,1 Mrd. Euro. Joussen hatte vor einiger Zeit betont, dass diese Kreditlinien für alle Fälle zunächst aufrechterhalten werden sollten, zumal dies nicht viel koste. Mit der Komplettrückgabe der teuren stillen Einlagen I und II spart die Tui nun jährlich 80 Mill. Euro an Zinsen. Bisher wurden für den laufenden Turnus insgesamt Zinsen zwischen 380 und 425 Mill. Euro kalkuliert.
Der Reisekonzern, dem mit Ausbruch der Coronakrise der Kollaps gedroht hatte, saß per Ende März noch auf Nettoschulden von 3,94 Mrd. Euro nach 5 Mrd. Euro Ende 2021. Dabei machen Leasingverbindlichkeiten für Hotels, Schiffe und Flugzeuge mit 3,15 Mrd. Euro weiterhin den größten Teil aus. Dickster Brocken sind Leasinggebühren für Flugzeuge über 2,35 Mrd. Euro. Die Tui hat ihre Flugzeugflotte in der Pandemie zurückgestutzt, aber die Zahl offenbart hier weiteren Handlungsbedarf. Joussen hatte seine Hoffnungen wiederholt auf eine Partnerschaft mit einer anderen Airline gesetzt, aber die Bemühungen schlugen bisher fehl.
Die Rede war zuletzt noch von einem Verkauf der britischen Tochter Marella Cruises. Leasingkosten für Schiffe nahmen sich im ersten Halbjahr mit 161 Mill. Euro allerdings vergleichsweise bescheiden aus.
Wertberichtigt Seite 6