Überschaubare Präsenz in Gläubigerversammlungen
fed Frankfurt
In Gläubigerversammlungen liegt die Präsenzquote oft unter 30 %, berichtete Frank Günther, geschäftsführender Ko-Gesellschafter und Managing Director bei der Beratungsgesellschaft One Square anlässlich der Fachkonferenz „Restrukturierung in der Praxis“ in Frankfurt. Diese Quote sei bedeutsam, da Gläubigerversammlungen keine Beschlüsse über Maßnahmen zur finanziellen Restrukturierung von Unternehmen treffen, wenn die gesetzlich erforderlichen Mindestschwellen für die Präsenz – in der zweiten Versammlung 25 % – nicht erreicht werden. Zugleich wies Günther darauf hin, dass Gläubigerversammlungen auch ohne ausreichende Präsenz die Möglichkeit haben, einen sogenannten Gemeinsamen Vertreter zu wählen. Im Ende 2020 verabschiedeten Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz, dem StaRuG, könne dieser Gemeinsame Vertreter dann Restrukturierungsmaßnahmen wie beispielsweise dem Verzicht auf Tilgung im Gegenzug für einen Abschlag zustimmen. Die entsprechenden Maßnahmen werden dadurch für alle Gläubiger verbindlich. In der Praxis funktioniere diese Vorgehensweise, erläuterte Günther. Bislang habe die Beschlussfassung über den Gemeinsamen Vertreter seinen Erfahrungen zufolge noch keine Rechtsstreitigkeiten ausgelöst.
Das StaRuG stellt nach Darstellung von Günther ein geeignetes Instrument zur finanziellen Restrukturierung dar. Das Gesetz vervollständige den Baukasten für Sanierungen, indem es das Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung und das Regelinsolvenzverfahren als außerinsolvenzliche Option ergänze. Es erlaube den Eingriff in Verbindlichkeiten, ohne dass dafür der Geschäftsbetrieb beeinträchtigt werde. Günther stellte dabei klar, dass sich Schuldner mithilfe des StaRuG entschulden, nicht aber sanieren könnten.
Die Erfahrung zeige, so Günther, dass dabei der Zeitpunkt der Initiierung eines StaRuG-Verfahrens durch den Schuldner entscheidend sei: „Je früher der Schuldner das nutzt, desto besser.“ Das Unternehmen müsse sich in einer Situation befinden, in der die Zahlungsunfähigkeit nur drohe – und nicht bereits eingetreten sei. Das Geschäftsmodell sollte insgesamt intakt sein. Idealerweise sollte das Unternehmen noch „Ebitda-positiv“ sein. Günther warnte davor, erst drastische Einbußen beim Ergebnis und Liquiditätsengpässe abzuwarten, denn mit steigendem Fortschreiten des Krisenstadiums würden die Handlungsoptionen des Schuldners schwinden.
Mit den Fällen, in denen alle außerinsolvenzrechtlichen Möglichkeiten bereits gescheitert sind und ein StaRuG-Verfahren unerwünscht ist, setzte sich Stefan Meyer, Managing Partner bei Pluta Rechtsanwälte, auseinander. Er konzentrierte sich dabei auf das Zusammenspiel von Eigenverwalter und Sachwalter im Schutzschirmverfahren.
Zweifelsohne sei es hilfreich, dem Management einen Chief Insolvency Officer, einen CIO, zur Seite zu stellen, schließlich sei der Vorstand gemeinhin überfordert, wenn er beispielsweise ein Verzeichnis der Massegegenstände erstellen müsse. Wichtig sei die Unabhängigkeit des Eigenverwalters, die im Mandatsverhältnis unbedingt sichergestellt werden sollte.
Meyer warb für auf Konsens gerichtete Beziehungen zwischen Eigenverwalter und Sachwalter. Im Falle eines „aktiven“ Sachwalters, der in wichtige Gespräche mit Kunden und Banken eingebunden werde, vervielfache sich die Kompetenz in der Restrukturierung, argumentierte Meyer.