Unilever bleibt Revolte erspart
hip London
Die Unilever-Eigner haben den Vergütungsbericht der Verwaltung auf der Hauptversammlung abgesegnet. Damit ist dem Konsumgüterhersteller eine Aktionärsrevolte erspart geblieben. Der Stimmrechtsberater PIRC hatte den Anteilseignern empfohlen, gegen den Antrag der Verwaltung zu stimmen. Lediglich 7,48 % des anwesenden Kapitals stimmten dagegen, wie die FTSE-100-Gesellschaft mitteilte. Nur 3,61% wollten CEO Alan Jope nicht im Amt bestätigen.
Der US-Shareholder-Aktivist Nelson Peltz, der im Januar offenlegte, dass er sich mit seinem Investmentvehikel Trian Partners bei der Muttergesellschaft von Ben & Jerry’s eingekauft hat, hielt sich im Hintergrund. Immerhin, das Unternehmen hatte im Auftaktquartal 7,3% Umsatzwachstum geliefert – deutlich mehr als die 4,4%, die Analysten auf der Rechnung hatten. Allerdings geht das Management davon aus, dass die bereinigte operative Marge im Gesamtjahr wegen des starken Kostendrucks nur das untere Ende der zuvor kommunizierten Spanne erreichen wird. Es erwartet zudem, dass die Inflation der Input-Kosten von 2,1 Mrd. Euro im ersten Halbjahr auf 2,7 Mrd. Euro in der zweiten Jahreshälfte steigen wird.
Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis Peltz sich bei Jope melden wird. Der Studienabbrecher, der beinahe Skilehrer in Oregon geworden wäre, kennt sich bei Konsumgüterherstellern aus und haute auch schon bei Cadbury und Heinz auf den Putz.
Handlungsbereitschaft zeigen
Kurz nach seinem Einstieg kündigte Unilever an, im gehobenen Management 15% der Stellen zu streichen – alles in allem 1 500. Zudem wurde eine „vereinfachte“ Organisation vorgestellt. Aus drei Geschäftsbereichen – Beauty & Personal Care, Food & Refreshment und Personal Care – werden fünf: Beauty & Wellbeing, Personal Care, Home Care, Nutrition und Ice Cream. Was das vereinfacht? Den Verkauf von Geschäften wie der Eiscrememarke Ben & Jerry’s etwa, die immer wieder durch Marketing-Stunts wie Kritik an der Zuwanderungspolitik der britischen Innenministerin Priti Patel von sich reden machte. Zudem demonstrierte Jope damit, dass er das Haus in Ordnung bringen will, bevor er sich erneut auf Einkaufstour begibt. Handlungsfähigkeit war das Gebot der Stunde, nachdem GlaxoSmithKline den Unilever-Chef mit seinem 50 Mrd. Pfund schweren Angebot für das Geschäft mit Mundhygieneprodukten, Nahrungsergänzungsmitteln und rezeptfreien Medikamenten abblitzen ließ.
Der Analyst Bruno Monteyne vom Vermögensverwalter AllianceBernstein deutete an, dass Unilever ohne tiefgreifende Veränderungen zum „permanenten Sanierungsfall“ werden könnte. Aus seiner Sicht ließen sich durch eine Zerschlagung des Unternehmens in kleinere und „agilere“ Einheiten Werte schaffen. Dadurch würde eine Seifenmarke wie Dove vom Aufstrich Marmite getrennt. Das Management sollte handeln, bevor es von Aktivisten dazu gedrängt wird, zitiert der „Telegraph“ den Analysten, der zudem davor warnt, dass das Unternehmen wiederholt „zur Mittelmäßigkeit zurückgekehrt“ sei. Versuche, das Wachstum zu beschleunigen, seien stets ergebnislos verlaufen.
Anteilseigner wie Terry Smith, der Gründer des Vermögensverwalters Fundsmith, halten Jope sein missionarisches Auftreten in Sachen Nachhaltigkeit vor. Wer, wie der Unilever-Chef, glaubt, den Zweck von Mayonnaise neu definieren zu müssen, hat aus Smiths Sicht den Faden verloren. Das Unternehmen befindet sich zudem in der Kritik, weil es seine Geschäftstätigkeit in Russland nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine fortgesetzt hat. Es tue so, als gäbe es eine moralische Verpflichtung, der russischen Bevölkerung auch weiterhin Lebensmittel und Hygieneprodukte zu liefern, bemängeln seine Kritiker. Dabei gehe es um Produkte wie Magnum- oder Cornetto-Eiscreme.