Uniper schlüpft fast komplett unter das Dach des Bundes
ak Köln
Der angeschlagene Energiekonzern Uniper wird nach weiteren Milliardenverlusten verstaatlicht. Das erst im Juli vereinbarte Unterstützungspaket reicht bei Weitem nicht aus, den größten deutschen Gasimporteur vor der Insolvenz zu retten. Der Bund hat sich daher mit dem Unternehmen und dem finnischen Mutterkonzern Fortum auf ein Stabilisierungspaket verständigt, bei dem er am Ende rund 99 % der Uniper-Anteile übernehmen wird.
Kernstück ist eine Kapitalerhöhung in Höhe von 8 Mrd. Euro, die der Bund zeichnet. Dafür werden 4,7 Milliarden neue Aktien zum Preis von 1,70 Euro je Titel ausgegeben. Das Bezugsrecht der Aktionäre wird ausgeschlossen. Darüber hinaus wird der Bund die derzeit von Fortum gehaltenen Uniper-Aktien für ebenfalls 1,70 Euro je Aktie erwerben, was einem Preis von 0,5 Mrd. Euro für die Beteiligung entspricht.
Wie dringend die ausgeweiteten Stützungsmaßnahmen gebraucht werden, machte Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach in einer Telefonkonferenz deutlich. Denn die Belastung durch die hohen Beschaffungspreise für Gas ist enorm: „Die aggregierten Verluste belaufen sich derzeit auf über 8,5 Mill. Euro und steigen aktuell mit über 100 Mill. Euro täglich weiter an“, erläuterte Maubach.
Die weitreichende Kapitalerhöhung soll eine außerordentliche Hauptversammlung im vierten Quartal beschließen.
Maubach machte deutlich, dass Uniper trotz der Kapitalspritzen auf eine Kostenüberwälzung der hohen Gasbeschaffungspreise angewiesen sei. Denn sonst könnten in den rund 100 Tagen bis Jahresende weitere 10 Mrd. Euro Verluste auflaufen. Durch die Gasumlage, mit der die Importeure 90% der Belastungen ersetzt bekommen, könnte dieser Betrag auf rund 1 Mrd. Euro schrumpfen.
Doch bis die Gasumlage am 1. Oktober kommt, werde Uniper die Verluste bis dahin von voraussichtlich über 9 Mrd. Euro selbst getragen haben, sagte Maubach.
Die Zahlungen aus der Gasumlage kommen zudem für Uniper später als gedacht. Ursprünglich hatte der Konzern Ende September mit einer Vorauszahlung für Oktober und November gerechnet. Jetzt komme das Geld frühestens am 31. Oktober, so Maubach. „Das zieht einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf von mehreren Milliarden Euro nach sich.“
Bis die Kapitalerhöhung abgeschlossen ist, wird die KfW Uniper bei Bedarf zusätzliche Liquidität zur Verfügung stellen. Bereits Ende August hatte die Förderbank die Kreditlinie von 9 auf 13 Mrd. Euro erweitert.
Die Uniper-Aktien stürzten am Mittwochvormittag um 30 % ab. Rund 22 % der Uniper-Anteilscheine befinden sich in Streubesitz – knapp 16 % werden dabei institutionellen Investoren zugeordnet und gut 6 % Privatanlegern. Die jetzt angepeilte Verstaatlichung ersetzt die Vereinbarungen vom Juli dieses Jahres, nach denen der Bund via Kapitalerhöhung mit einer Beteiligung von 30% bei Uniper einsteigen sollte.
Bei den Aktionären der bisherigen Mutter Fortum sorgte die Trennung von Uniper für Erleichterung. Die Aktien des finnischen Energiekonzerns gewannen nach der Bekanntgabe am Mittwochmorgen rund 20%, obwohl die Uniper-Beteiligung für Fortum laut CEO Markus Rauramo eine „schmerzhafte“ Erfahrung war. Der Fortum-Chef rechnete in einer Pressekonferenz vor, dass dem ursprünglichen Investment von 7 Mrd. Euro für den Anteil an Uniper erhaltene Dividendenzahlungen von 900 Mill. Euro über die Jahre sowie der jetzt vereinbarte Kaufpreis von 0,5 Mrd. Euro gegenüberständen. „Dieses Investment ist nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben“, sagte Rauramo. „Unser Fehler war anzunehmen, dass Russland rational agiert.“ Rauramo betonte jedoch, froh zu sein, dass Fortum ihr Gesellschafterdarlehen über 4 Mrd. Euro sowie die Garantie in gleicher Höhe zurückbekomme. Auch das ist Teil der Vereinbarung mit der Bundesregierung.
Fortum hat außerdem bis Ende 2026 das Recht eingeräumt bekommen, ein erstes Angebot abzugeben, falls Uniper sich zum Verkauf seiner schwedischen Wasser- und Kernkraftwerke entscheiden sollte. Uniper-Chef Maubach stellte klar, dass es sich nicht um ein Vorkaufsrecht handele.
Schadenersatzforderungen
Uniper will auf mehreren Wegen juristisch gegen Gazprom vorgehen und Schadenersatz fordern. Der russische Konzern weise alle Schuld von sich und habe Force majeure erklärt, sagte Maubach. Die Verträge mit Gazprom sähen Schiedsverfahren vor, die Uniper auch vorbereite. „Wir versuchen auch auf anderem gerichtlichen Wege Entscheidungen zu unseren Gunsten herbeizuführen.“ Details dazu wollte er nicht preisgeben.