Uniper schreibt Rekordverlust
ab Köln
Der Nettoverlust von mehr als 12 Mrd. Euro, den Uniper im ersten Halbjahr geschrieben hat, spiegelt das Ausmaß der durch den Ukraine-Krieg verursachten Verwerfungen im europäischen Energiemarkt wider. „Uniper leistet seit Monaten einen essenziellen Beitrag zur Stabilisierung der Gasversorgung in Deutschland – um den Preis von Milliardenverlusten, die uns durch die weggebrochenen Liefermengen aus Russland entstehen“, sagte Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach bei der Vorlage der Präsentation der Halbjahreszahlen. Und schlimmer noch: „Die Lage der Energieversorgung in Europa ist weit davon entfernt, sich zu entspannen und die Gasversorgung im nächsten Winter bleibt äußerst herausfordernd.“
Angesichts der unkalkulierbaren Situation lasse sich „keine konkrete Ergebnisprognose für das laufende Geschäftsjahr“ abgeben. In diesem Jahr werde „ein deutlich negatives Ergebnis“ erwartet und 2023 eine Ergebnisverbesserung. „Wir streben an, ab 2024 die Verlustzone wieder zu verlassen“, sagte Maubach. Von Mitte Juni bis Mitte August sei aus der Ersatzbeschaffung für das fehlende russische Gas ein Verlust von 3,8 Mrd. Euro aufgelaufen. Das entspreche einem täglichen Minus von gut 60 Mill. Euro im Schnitt, rechnete der Uniper-Chef vor.
Schriebe man diesen Durchschnittswert bis Ende September fort, komme man auf 6,5 Mrd. Euro. Maubach wies aber explizit darauf hin, dass es sich bei dieser Kalkulation um eine simple Hochrechnung handele, die von der Realität überholt werden könne. „In Abhängigkeit von den aktuellen Gaspreisen und den zu beschaffenden Mengen liegen unsere täglichen Verluste in einer großen Bandbreite – zeitweise sogar bei über 100 Mill. Euro“, verdeutlichte Maubach.
Mit der Gasumlage, die von Oktober an erhoben wird, wird sich die Last reduzieren. Zwölf Gasimporteure hatten Anträge auf Kostenerstattung im Gesamtvolumen von 34 Mrd. Euro eingereicht. Allein auf Uniper entfalle dabei mehr als die Hälfte des Betrags, führte Maubach aus. Die Gasumlage deckt den Zeitraum von 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024 ab. Mit der Umlage sollen 90 % der Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung der Gasimporteure abgedeckt werden. Die restlichen 10 % müssen die Versorger selbst tragen. Damit dürfte die im staatlichen Rettungspaket vereinbarte Schwelle für die Nachschusspflicht (Backstop) recht flott erreicht sein. Vereinbart ist, dass der Staat weitere Stabilisierungsmaßnahmen ergreift, wenn der operative Nettoverlust aufgrund der Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung 7 Mrd. Euro übersteigt. „Aufgrund der Dynamik wird der Backstop aber in jedem Fall früher erreicht, als wir es Ende Juli gedacht hätten“, sagte Maubach.
Aktionärstreffen im Herbst
An der Ausgestaltung weiterer Stabilisierungsmaßnahmen werde gearbeitet. Unwiderruflich stehe jedoch fest, dass zusätzliches Geld aus der Staatskasse nicht zu einer weiteren Verwässerung der Altaktionäre führen werde. Die Kunst liege nun darin, einen Weg zu finden, der auch beihilferechtlich gangbar ist. Bislang hat die Bundesregierung Unterstützung von 15 Mrd. Euro zugesagt. 8 Mrd. Euro in Form von Eigen- und Hybridkapital, 7 Mrd. Euro in Form von zusätzlichen KfW-Krediten.
Die staatlichen Kreditlinien von in Summe 9 Mrd. Euro sind nach den Angaben bisher mit 5 Mrd. Euro in Anspruch genommen. „Wir gehen davon aus, dass die Kreditlinien ausreichen“, sagte Maubach. Bevor das frische Geld aus dem Staatssäckel fließt, muss das Rettungspaket noch von der EU-Kommission freigegeben werden. Anschließend muss die Kapitalerhöhung, in deren Zuge der Staat mit 30 % einsteigt, noch von einer außerordentlichen Hauptversammlung abgesegnet werden. Maubach hofft, das Aktionärstreffen noch im Herbst durchführen zu können.
Doch nicht nur die Verluste im Zuge der Ersatzbeschaffung von Erdgas, die nach der Lieferkürzung durch Gazprom vorzunehmen waren, haben Deutschlands größten Gasimporteur belastet. Hinzu kommen Wertminderungen im Volumen von 2,7 Mrd. Euro. Neben der Komplettabschreibung des an die Nord-Stream-2-Betreibergesellschaft ausgereichten Darlehens geht es auch um Wertkorrekturen auf den Goodwill in den Segmenten Globaler Handel und Russische Stromerzeugung. Zudem stünden 6,5 Mrd. Euro des Nettoverlusts von 12,3 Mrd. Euro im Zusammenhang mit den künftig erwarteten Gaslieferunterbrechungen. Die operative Entwicklung bezeichnete Maubach dagegen als „alles in allem solide“. Allerdings wurden im Berichtshalbjahr nur im Segment Russische Erzeugung schwarze Zahlen geschrieben. Das Eigenkapital ist mit 4,5 Mrd. Euro negativ.
Uniper | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
1. Halbjahr | ||
in Mill. Euro | 2022 | 2021 |
Umsatz | 119 335 | 41 447 |
Bereinigtes Ebit | −564 | 580 |
Ebit | −13 523 | −252 |
Finanzergebnis | −992 | 156 |
Konzernergebnis | −12 414 | −20 |
Ber. Konzernergebnis | −359 | 485 |
Operativer Cashflow | −2 227 | 346 |
Nettoverschuldung | 2057 | 324* |
Eigenkapital | −4 505 | 6 788* |
*) zum 31.12.2021Börsen-Zeitung |