Varta-Aktie reagiert mit Kurssturz auf ungenügendes Sanierungskonzept
Varta muss Sanierung verschärfen
Geschäft des Batteriekonzerns läuft schlechter als erwartet – Cyberangriff belastet – Heftige Aktienkursreaktion
hek Frankfurt
Die Krise des Batterieherstellers Varta spitzt sich gefährlich zu. Denn das mit den Banken vereinbarte und bis Ende 2026 reichende Sanierungskonzept greift zu kurz. Nun arbeitet das schwäbische Unternehmen an einem neuen Restrukturierungsplan. Mit den finanzierenden Banken strebt das Management fürs Erste eine Stillhaltevereinbarung an. Diese befinde sich im Unterzeichnungsprozess, teilt Varta mit. Die Aktie reagierte am Freitag auf die neuerliche Hiobsbotschaft mit einem Kurssturz von rund 30% im Handelsverlauf.
Hoffnungsträger fällt aus
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich nach Firmenangaben weiter verschlechtert. Neu ist vor allem die unerwartete Absatzflaute der Energiespeichersysteme, ein Bereich, der bisher florierte und den das Management als Wachstumsgeschäft herausgestellt hat. Nun klagt Varta über erhebliche Nachfragerückgänge bei Endverbrauchern, hohe Lagerbestände im Handel, aggressive Preise von Wettbewerbern und Lieferkettenprobleme.
Außerdem zeigen die Abnahmemengen der Kunden für die kleinen Lithium-Ionen-Zellen weiter starke Schwankungen. Die Mini-Akkus bescherten dem Unternehmen aus Ellwangen im Osten Baden-Württembergs einst hohe Gewinne und eine erstaunliche Aktienkursrally. Dann aber kollabierte das Geschäft regelrecht, so dass die erweiterten Fertigungskapazitäten nun stark unterausgelastet sind. Die Knopfzellen werden vor allem in kabellosen Kopfhörern der Smartphonehersteller wie Apple und Samsung eingesetzt.
Cyberangriff legt Produktion lahm
Zu allem Übel legte ein Cyberangriff im Februar die Produktion mehrere Wochen lang lahm, was die Finanzsituation weiter verschlechtert habe. Die operativen und finanziellen Folgen der Attacke seien noch nicht voll abzuschätzen, heißt es. Die Bilanzvorlage hat Varta auf unbestimmte Zeit verschoben. Bis Ende April wird nach früheren Angaben kein Jahresabschluss für 2023 vorliegen. Infolgedessen ist der Abstieg aus dem Kleinwerteindex SDax absehbar.
Die Zukunft des Batteriekonzerns ist nun ungewisser denn je. Entscheidend wird sein, ob die Banken die Sanierung weiter mittragen und welche Bedingungen sie dafür stellen. Als neuer Sanierungsgutachter ist Auxil Partner an Bord. Die Consultingfirma überarbeitet das vor einem Jahr erstellte IDW-S6-Gutachten der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG. Das neue Konzept soll bis Mitte 2024 vorliegen. Zusätzlich hat Varta Rothschild & Co. als Finanzberater engagiert. Die Investmentbank soll „strategische Optionen in Bezug auf potenzielle Rekapitalisierung- und Finanzierungsmaßnahmen ausarbeiten“.
Stellenstreichungen
Die KPMG-Berater hatten Varta im vergangenen Jahr eine positive Fortführungsprognose ausgestellt. Auf dieser Grundlage hatten die Banken ihre Kredite bis Ende 2026 verlängert, allerdings zu deutlich schlechteren Konditionen. Voraussetzung war, dass Großaktionär Montana Tech Components, die Beteiligungsholding des österreichischen Investors Michael Tojner, knapp 51 Mill. Euro über eine Kapitalerhöhung einschoss. Varta setzte ein Sparprogramm auf und strich 800 Vollzeitstellen, fast jeden fünften Arbeitsplatz. Die Banken stellten dem Management mit Michael Giesswein einen Chief Restructuring Officer zur Seite.
In der Donnerstagabend veröffentlichten Ad-hoc-Meldung räumt Varta ein, dass die mit den Banken und Tojner vereinbarte Sanierung unzureichend ist, um wie geplant bis Ende 2026 „auf einen profitablen Wachstumskurs zurückzukehren“. Die getroffenen Annahmen seien nicht mehr zu halten.
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