Vitesco hofft auf nachlassenden Kostendruck
sck München
– Hohe Zusatzkosten machen dem Börsenneuling Vitesco Technologies zu schaffen. Steigende Rohstoffpreise und Löhne sowie die Engpässe bei Halbleitern dämpfen den Antriebstechnikspezialisten aus Regensburg. Dennoch ist die Konzernführung zuversichtlich, dass sich in der zweiten Hälfte des laufenden Jahres die Lage entspannt. Rückenwind erwarten sie von einer schrittweisen Erholung der Produktionsraten der Autobauer und der Hersteller leichter Nutzfahrzeuge. Daher rechnen Vorstandschef Andreas Wolf und CFO Werner Volz damit, 2022 den Konzernumsatz und die um Sondereffekte bereinigte operative Marge zu steigern. Zur Bilanzvorlage stellten sie für den laufenden Zwölf-Monats-Berichtsturnus einen Anstieg der Erlöse auf eine Bandbreite von 8,6 Mrd. bis 9,1 (i.V. 8,4) Mrd. Euro in Aussicht.
Bei der Marge auf Basis des bereinigten Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (Ebit) peilt Vitesco eine Spanne von 2,2 bis 2,7 (1,8)% an. In dieser Prognose seien die Mehrkosten infolge knapper Mikrochips, steigender Gehälter und Materialkosten bereits enthalten, so der CFO. Zudem rechnet das Management mit abermaligen Sonderbelastungen, die der Vorstand mit 100 bis 150 Mill. Euro veranschlagt. Allerdings ist die Konzernspitze wegen des Ukraine-Kriegs vorsichtig. Die Folgen des Angriffs Russlands auf das Nachbarland seien „nicht abschließend abschätzbar“. Aufgrund dieses Risikos und des relativ zurückhaltenden Ausblicks reagierten die Anleger zum Wochenschluss zunächst vergrätzt. Analysten hatten in Bezug auf die Marge im Schnitt mehr erwartet. Die Aktie des SDax-Mitglieds büßte zum Xetra-Handelsbeginn bis zu 5,8% an Wert ein, drehte im weiteren Tagesverlauf aber ins Plus und notierte zeitweise 0,8% fester auf 35,65 Euro. Vitesco bringt am Markt 1,4 Mrd. Euro auf die Waage. Die Abspaltung des Autozulieferers Continental kam im September 2021 an die Börse. Der erste Kurs lag bei 59,80 Euro.
In einer virtuelle Konferenz mit Medienvertretern sprach sich Wolf dafür aus, die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von Erdgas aus Russland in der Energieversorgung zu reduzieren. Fabriken von Vitesco seien mit Fotovoltaik ausgestattet, darunter auch der Hauptsitz, sagte der CEO.
Hohe Steuerlast dämpft
Im zurückliegenden Jahr konnte Vitesco zwar den Umsatz um 4% auf 8,4 Mrd. Euro steigern, dennoch verharrte der Konzern unter dem Strich in der Verlustzone, wenngleich der Fehlbetrag mit 122 Mill. Euro um zwei Drittel geringer ausfiel als 2020 (–377 Mill. Euro). Im Geschäftsbericht verweist das Unternehmen auf mehrere Sonderaufwendungen, die dazu geführt hätten, dass das Ergebnis je Aktie –3,05 Euro betrug. Darunter fielen unter anderem Abschreibungen aus Kaufpreisallokationen (109 Mill. Euro) und Belastungen von 80 Mill. Euro wegen Abschaltvorrichtungen im Rahmen von Dieselabgasmanipulationen. Ursache dafür ist eine Ad-hoc-Meldung von Continental vom November vergangenen Jahres, wonach die Staatsanwaltschaft Hannover auch gegen den Dax-Konzern wegen illegaler Abschaltvorrichtungen ermittle. Aufgrund der in der Abspaltung getroffenen Vereinbarungen mit Continental besteht dem Geschäftsbericht zufolge eine Verpflichtung von Vitesco, „Gesellschaften des Continental-Konzerns von Kosten und Verbindlichkeiten freizustellen, die den auf Vitesco übertragenen Geschäftsbereichen zuzurechnen sind“. Das heißt, Vitesco muss einen Teil dieser Aufwendungen mit übernehmen.
Allerdings waren diese Sonderaufwendungen in der Summe nicht allein dafür ursächlich, dass Vitesco erneut tiefrote Zahlen schrieb. So erwirtschaftete der Konzern vor Steuern einen Gewinn von 34 (–351) Mill. Euro. Vitecso drückten vor allem hohe Steuern von 156 (12) Mill. Euro erneut ins Minus. Das Unternehmen erklärt diese Steuerlast mit Wertberichtigungen auf aktive latente Steuern von 94 (103) Mill. Euro. Aus diesem Grunde setzt Vitesco eine Dividende an die Aktionäre für 2021 aus.
Vitesco | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2021 | 2020 |
Umsatz | 8 349 | 8 028 |
Ebitda | 524 | 253 |
Ebit | 40 | – 324 |
F&E-Aufwand (netto) | 693 | 681 |
Ergebnis vor Steuern | 34 | – 351 |
Nettoergebnis | – 122 | – 377 |
Freier Cashflow | 113 | – 456 |
Liquide Mittel | 614 | 255 |
Investitionen | 600 | 480 |
Eigenkapital | 2 688 | 2 649 |
in % der Bilanzsumme | 36,3 | 32,9 |
Mitarbeiter (Anzahl) | 37 488 | 40 490 |
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