Volkswagen bleibt an Cleantech-Investments dran
Volkswagen bleibt an Cleantech-Investments dran
Autobauer hat als Solo-Investor 300 Mill. Dollar in Wagniskapitalfirma Leitmotif gesteckt – Gründer preisen Anziehungskraft des US-Deeptech-Ökosystems
Die Finanzierung von kapitalintensiven Klimaschutztechnologien bleibt für Volkswagen auch nach der Northvolt-Insolvenz ein Thema. Der Autobauer hat 300 Mill. Dollar in die US-Wagniskapitalfirma Leitmotif gesteckt, die sich auf Innovationen zur Dekarbonisierung der Wirtschaft spezialisiert hat. Die Mittel sollen zum großen Teil in US-amerikanische Start-ups fließen.
kro Frankfurt
Es war keine schöne Woche für Volkswagen. Erst musste Europas größter Autobauer seinen Aktionären erklären, wie es im vergangenen Jahr zu einem Gewinneinbruch von fast 31% kommen konnte, dann hat Northvolt auch noch Insolvenz in seiner Heimat Schweden angemeldet. Der einstige Batterie-Hoffnungsträger Europas, bei dem Volkswagen größter Anteilseigner ist, hat es nicht geschafft, sich langfristige Finanzierungszusagen von Investoren zu sichern. Am Ende war Volkswagen ja auch selbst nicht mehr dazu bereit.
Das heißt aber nicht, dass die Finanzierung von so zukunftsträchtigen wie kapitalintensiven Klimaschutztechnologien für die Wolfsburger nun komplett vom Tisch ist. Das zeigt die US-Wagniskapitalgesellschaft Leitmotif, für die Volkswagen bislang als Solo-Investor 300 Mill. Dollar bereitgestellt hat. Als Erstes hat das Nachrichtenportal „TechCrunch“ darüber berichtet.
Die im Oktober 2023 gestartete Investmentfirma ist mit ihrem ersten Fonds auf Innovationen zur Dekarbonisierung der Wirtschaft spezialisiert und unter anderem in den US-Batterie-Recycler Redwood Materials, in das Münchener Elektromotor-Start-up DeepDrive, in das ebenfalls in München ansässige Fusionsenergie-Start-up Proxima Fusion sowie in den US-Mehrweg-Raketenhersteller Stoke Space investiert. Ende Dezember 2024 hatte Leitmotif bereits 115 Mill. Dollar in 14 Start-ups gesteckt.
Kein Vergleich zu Northvolt
Über die Risiken, die mit solch kapitalintensiven Portfolio-Unternehmen einhergehen, ist man sich bei Leitmotif im Klaren. „In Hardware zu investieren ist zweifelsfrei hart“, sagt Managing Partner Jens Wiese. Der frühere M&A-Leiter bei Volkswagen hat Leitmotif zusammen mit dem Greentech-Investor Matt Trevithick gegründet, der die Unterschiede zum klassischen Software-Ansatz in der VC-Branche ebenfalls klar benennt: „Die Projekte, in die wir investieren, sind teuer und langfristig“, sagt er.
Teuer war die Northvolt-Wette für Volkswagen auch – der Autobauer hatte insgesamt 1,4 Mrd. Euro in das schwedische Unternehmen gesteckt und die Beteiligung 2024 komplett abgeschrieben. Ein Vergleich sei hierbei aber unangebracht, sagen die Leitmotif-Gründer. „Northvolt und das Investment in unsere Firma sind zwei völlig unterschiedliche Dinge“, erklärt Trevithick. „Wir sind ein unabhängiges Unternehmen, bei dem Volkswagen als Solo-Investor an unseren Gewinnen partizipiert.“ Der Autokonzern habe aber keine Kontrolle über die Investitionsentscheidungen von Leitmotif.
Volkswagen bringt Know-how mit
Diese Unabhängigkeit sei generell ein wichtiger Vorteil, findet Wiese. „Wir treffen unsere Investitionsentscheidungen in erster Linie nach finanziellen Gesichtspunkten. Unsere Aufgabe ist es, Geld zu verdienen und dafür zu sorgen, dass sich unsere Firma über die Zeit selbst trägt.“ Bei klassischen Corporate-Venture-Capital-Gesellschaften kämen hingegen zu den finanziellen üblicherweise noch strategische Erwägungen hinzu, die die Unabhängigkeit der Investoren einschränkten.
Den Vorteil, einen so großen Konzern wie Volkswagen als Limited Partner im Rücken zu haben, nehmen die beiden Investoren wiederum auch gern mit. Schließlich könne sich der Autokonzern mit seinem industriellen Know-how für bestimmte Start-ups im Portfolio künftig noch als nützlich erweisen – und im besten Fall sogar zum Partner oder Kunden werden, wie Wiese sagt. „Dann könnte der Wert unserer Portfoliofirmen tatsächlich signifikant steigen. Und damit heben wir uns als Investoren am Markt ab.“
Hoffnung auf weitere Geldgeber
Geht es nach den beiden Investoren, soll es auch gar nicht bei Volkswagen als einzigem Leitmotif-Geldgeber bleiben. Vielmehr hoffen sie darauf, künftig noch mehr Kapital von anderen europäischen Industrie-Ikonen an Land ziehen zu können. „Es geht darum, die Stärken von Europas Industrie mit den Stärken des US-Innovationsökosystems zu verbinden“, sagt Wiese.
Die eingesammelten Mittel sollen allerdings zum Großteil in die USA fließen. So sind 70% der Gelder für US-amerikanische Start-ups vorgesehen und 30% für europäische Firmen. „Man muss einfach anerkennen, dass die Innovationszyklen in den USA schneller sind“, begründet Wiese diese Gewichtung. „Das US-Ökosystem zieht mehr Talente und mehr Kapital an, es gibt eine höhere Risikobereitschaft und der Wille, Unternehmen zum Erfolg zu führen, ist auch größer“, sagt Wiese. Es fehle dort aber noch an Wissen, wie neuartige Technologien in eine Massenproduktion überführt werden können.
Auf die Cleantech-Branche will man sich bei Leitmotif langfristig nicht beschränken. So fassen Wiese und Trevithick künftig auch die Bereiche Robotik und künstliche Intelligenz für ihre VC-Aktivitäten ins Auge. Auch hier könne Volkswagen mit investieren, sagten die beiden Managing Partner gegenüber „TechCrunch“.