Volocopter meldet Insolvenz an
Dem badischen Flugtaxi-Entwickler Volocopter geht wenige Monate vor dem erhofften Marktstart das Geld aus. Das Unternehmen aus Bruchsal habe beim Amtsgericht Karlsruhe Insolvenz angemeldet, teilte Volocopter am Montag mit. „Trotz intensiver Bemühungen um frisches Kapital ist es nicht gelungen, eine tragfähige Lösung für die Fortführung des Geschäfts außerhalb der Insolvenz zu finden“, erklärte das Unternehmen. Insolvenzverwalter Tobias Wahl von der Kanzlei Anchor Rechtsanwälte will den Betrieb fortführen und bis Ende Februar einen Investor finden: „Das Unternehmen braucht eine Finanzierung, um die letzten Schritte in Richtung Markteintritt zu gehen“, sagte Wahl.
Ähnlich wie der bayerische Rivale Lilium hatte sich Volocopter im abgelaufenen Jahr vergeblich um eine staatliche Finanzspritze bemüht; zuletzt ging es um 100 Mill. Euro. Nach Absagen aus Baden-Württemberg, vom Bund und aus Bayern hieß es im Sommer, private Investoren seien eingesprungen. Im November berichteten Medien zudem, dass Volocopter in Gesprächen mit dem chinesischen Mischkonzern und Anteilseigner Geely stehe, der 85% an den Deutschen erwerben wolle und dafür 90 Mill. Euro auf den Tisch gelegt haben soll.
Hoffnung auf Musterzulassung im neuen Jahr
Pläne, die Olympischen Spiele in Paris 2024 für einen Flugtaxi-Dienst mit dem „VoloCity“ in der französischen Metropole zu nutzen, hatten sich im Sommer zerschlagen, weil Volocopter noch die Musterzulassung der EU-Luftsicherheitsbehörde EASA fehlt. Die Firma geht trotz des am zweiten Weihnachtstag angemeldeten Insolvenzverfahrens davon aus, dass diese im neuen Jahr kommt und es dann losgehen kann.
„Wir sind sowohl technologisch als auch bei der Flugerfahrung sowie im Zertifizierungsprozess im nationalen und internationalen Wettbewerb ganz weit vorne“, sagte Volocopter-Chef Dirk Hoke, der das Unternehmen Ende Februar verlässt. Der ehemalige Airbus-Manager hatte schon im September seinen Rückzug per Ende Februar 2025 angekündigt. Ein Nachfolger wird noch gesucht. Das 2011 gegründete Unternehmen hat nach einem Stellenabbau noch rund 500 Beschäftigte.
Hoke hatte die Politik nach den ausgebliebenen Hilfen kritisiert und ihr mangelnde Unterstützung vorgeworfen: „Natürlich richtet man in einer derart technologisch komplexen und kapitalintensiven Branche wie unserer auch den Blick in Richtung des Staates“, sagte er dem Magazin „Capital“.
Lilium in letzter Sekunde gerettet
Konkurrent Lilium hatte bereits im Herbst Insolvenz angemeldet und kurz vor Weihnachten überraschend doch einen Investor gefunden. Das Konsortium Mobile Uplift Corporation will die Weiterentwicklung des Elektro-Kleinflugzeugs von Lilium finanzieren und mehr als 750 der 1000 bereits gekündigten Mitarbeiter zurückholen. Bei Lilium hatte der Bund eine Finanzspritze über 50 Millionen Euro verweigert, weil die Politiker das Engagement für zu riskant hielten und Kurzstreckenflüge mit Elektroflugzeugen nicht als Lösung für die Mobilität der Zukunft sahen.
Denn obwohl beworben als nachhaltig und leise sind die modernen Fluggeräte nicht unumstritten: Eine Analyse des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim von elf Untersuchungen ergab, dass sich Reisezeiten kaum verkürzten, während die Kosten und im Vergleich zu E-Autos auch die CO2-Emissionen stiegen. „Nützlich kann urbane Luftmobilität vor allem bei Notfalleinsätzen sowie zum Anbinden entlegener Regionen sein“, heißt es in der Analyse.