Wohnimmobilien

Vonovia legt eine Schippe drauf

Mit einem satten Ertragsplus nach neun Monaten und einer erhöhten Prognose im Gepäck geht Vonovia die Integration der Deutschen Wohnen an. Die milliardenschwere Kapitalerhöhung steht kurz bevor.

Vonovia legt eine Schippe drauf

ab Köln

Vonovia hat den Wachstumskurs im dritten Quartal fortgesetzt und erhöht abermals die Prognose für 2021. Der Startschuss für die zur Finanzierung des Kaufs von Deutsche Wohnen angekündigte Kapitalerhöhung soll in Kürze fallen.

Vonovia strotzt vor Kraft und Selbstbewusstsein und das liegt nicht nur an der erfolgreichen Übernahme des Rivalen Deutsche Wohnen, die Ende Oktober abgeschlossen wurde. Denn auch operativ lief es für Deutschlands größten Wohnimmobilienkonzern rund, wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht. Die wesentlichen Kennzahlen legten in den ersten neun Monaten kräftig zu und veranlassen Vonovia, die Prognose für das Gesamtjahr abermals zu erhöhen.

So wird das bereinigte operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) am oberen Rand der von 2,055 bis 2,105 Mrd. Euro reichenden Spanne erwartet. Der operative Mittelzufluss in der Gruppe (Group FFO), der Basis für die Dividendenzahlung ist, soll in einer Spanne von 1,52 bis 1,54 Mrd. Euro landen. Damit wird die FFO-Prognose erneut um 50 Mill. Euro hochgeschraubt. In diesen Zahlen ist Deutsche Wohnen noch nicht berücksichtigt. In der Bilanz zum 30. September ist der Berliner Rivale allerdings enthalten. Die Integration der Deutsche Wohnen soll 2023 abgeschlossen werden.

Hatte Vonovia bislang mit der Vorlage der Zahlen für die ersten neun Monate eine Dividendenankündigung samt einer ersten Prognose für den neuen Turnus vorgenommen, bringt die größte Übernahme der Firmengeschichte auch den Zeitplan etwas durcheinander. Gleichwohl deutete Vonovia-Chef Rolf Buch in einem Pressegespräch an, dass sich die Aktionäre auf eine höhere Ausschüttung einstellen dürfen. Was angesichts der erhöhten FFO-Prognose nicht verwundert.

Bestandsaufwertung

Doch nicht nur operativ lief es rund. Denn auch die Neubewertung des Bestands zum 30. September, die nach Buchs Darstellung auf Druck der Wirtschaftsprüfer aufgrund der erhöhten Marktdynamik erfolgte, förderte eine Bestandsaufwertung (ohne Deutsche Wohnen) um weitere 1,6 Mrd. Euro zutage. Für das Schlussquartal rechnet Buch nochmals mit einer Hochschreibung von 1,8 bis 2,6 Mrd. Euro. Im ersten Halbjahr war der Bestand bereits um 4,2 Mrd. Euro (inklusive Investitionen) aufgewertet worden.

Parallel berichtete Deutsche Wohnen von einem Bewertungsergebnis für die ersten neun Monate von knapp 1,5 Mrd. Euro, dabei schnellte die Bewertung allein im dritten Quartal um 1 Mrd. Euro nach oben. Demnach erhöhte sich der nach Definition der European Public Real Estate Association (EPRA) ermittelte Nettovermögenswert für Vonovia und Deutsche Wohnen zusammen im Vergleich zum Jahresbeginn um fast 14 % auf 40,4 Mrd. Euro. Zusammen bewirtschafteten die beiden Großvermieter per 30. September 568 451 Wohnungen, das entspricht nach den Angaben einem Marktanteil in Deutschland von etwa 2 %.

Wenngleich Deutsche Wohnen in der Bilanz zum 30. September enthalten ist, geben die daraus abgeleiteten Kennziffern wie die Nettoverschuldung und der Verschuldungsgrad (LTV, Loan-to-Value)  jedoch nicht das Gesamtbild wieder. Denn die Übernahme der Berliner wurde erst im Oktober abgeschlossen, entsprechend ist der Kaufpreis für die im Rahmen des öffentlichen Angebots angedienten Aktien noch nicht enthalten. Daher bewegt sich der LTV  mit 44,2 % derzeit auch noch in der Zielspanne von 40 bis 45 %.

Faktisch fehlen grob 10 Mrd. Euro, die Vonovia zum Großteil über eine Kapitalerhöhung einspielen will, um die Verschuldung in Grenzen zu halten. Zu dieser machte Buch allerdings noch keine detaillierten Angaben. Die BaFin müsse den Prospekt noch genehmigen, zudem bedürfe es der Zustimmung des Aufsichtsrats.

Kursentwicklung enttäuscht

Angesichts der hohen Zustimmung zu dem Übernahmeangebot – Vonovia hält 87,6 % am Berliner Rivalen – dürfte die Bezugsrechtsemission allerdings eher am oberen Rand der im Frühjahr annoncierten Größenordnung von bis zu 8 Mrd. Euro liegen, sagte der Vonovia-Chef. Außerdem sprach er davon, dass die Kapitalerhöhung „eher früher als später“ durchgeführt werde. Zwar sei Vonovia rein wirtschaftlich betrachtet in diesem Jahr nicht auf das frische Eigenkapital angewiesen, gleichwohl laste die Kapitalmaßnahme auf dem Kurs.

Die laut Buch „enttäuschende Kursentwicklung“ des Dax-Werts zeigt sich nicht nur im Vergleich zu einschlägigen Indizes (siehe Chart), vielmehr wird die Aktie auch deutlich unter ihrem Nettovermögenswert gehandelt. Dieser wird per 30. September mit 70,26 Euro angegeben, derweil die Aktie bei knapp 54 Euro notiert. „Hier spielt die anstehende Kapitalerhöhung sicher eine Rolle.“

Klimaneutral bis 2045?

Die Übernahme der Nr. 2 im Markt schafft nach Einschätzung von Buch die Grundlage, um den großen Herausforderungen der Gebäudewirtschaft gerade mit Blick auf Klimaschutzziele noch besser zu begegnen. „Wir nehmen in puncto Klimaschutz deutlich Fahrt auf und wollen die hohe Dynamik fortsetzen. Der Zusammenschluss mit Deutsche Wohnen eröffnet uns neue Möglichkeiten“, sagte der Manager.

Hatte sich Vonovia bislang zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden, werde geprüft, ob der Termin auf 2045 vorgezogen werden könne. Dazu wollen die Bochumer auch neue Methoden der energetischen Sanierung ausprobieren, welche die Bauzeit für die Modernisierung halbieren sollen. Ein erstes Pilotprojekt läuft gerade in Bochum. Dabei werden die Häuser mit 3-D-Scans erfasst. Anschließend werden die Fassadenelemente millimetergenau vorgefertigt. Bis 2024 sollen mehr als 2 800 Wohnungen auf diese Weise seriell saniert werden.

Vonovia
Konzernzahlen nach IFRS
9 Monate       
in Mill. Euro20212020
Erlöse3 5173 212
Bereinigtes Ebitda1 5411 433
 Mieten1 2401 179
 Privatisierung116110
 Dienstleistung10675
 Development8069
Bewertungsergebnis5 0731 830
Group FFO1,21 1471 016
Periodenergebnis23 8691 892
NTA2,3 /Aktie (Euro)70,2662,71
Loan-to-Value (%)44,239,4
Nettofinanzschulden42 97523 453
Verkehrswert Bestand295 37958 911
1) Funds from Operations; 2) inkl. Deutsche Wohnen; 3) Net Tangible Assets nach EPRABörsen-Zeitung