Autobauer in der Krise

VW-Betriebsrat warnt vor historischem Kahlschlag

Bei Volkswagen stehen nach Darstellung der Arbeitnehmervertreter mindestens drei deutsche Werke und zehntausende Stellen auf der Kippe, wenn der Vorstand seine Pläne für einen verschärften Sparkurs durchsetzen sollte.

VW-Betriebsrat warnt vor historischem Kahlschlag

VW-Betriebsrat warnt vor historischem Kahlschlag

Mindestens drei deutsche Werke auf der Kippe – Gehaltseinschnitte avisiert

Nebenstehender Kommentar

ste Hamburg

Der Volkswagen-Vorstand will in Deutschland mindestens drei Werke schließen, die weiteren Standorte schrumpfen, Tätigkeiten ins Ausland verlagern oder extern vergeben sowie Entgelteinbußen von 18% für Werksbeschäftigte durchsetzen. Gesamtbetriebsrat und IG Metall informierten am Montag die Belegschaft an allen zehn deutschen VW-Standorten über kürzlich präsentierte Pläne des Managements für weitere Kostensenkungen bei der Volkswagen AG mit ihren Marken Volkswagen Pkw, Volkswagen Konzern Komponente und Volkswagen Nutzfahrzeuge.

Arbeitnehmervertreter sprachen von Kahlschlag-Plänen in historischen Dimensionen. „Mit diesem Vorhaben des Vorstandes stehen bei Volkswagen in Deutschland zehntausende Arbeitsplätze auf dem Spiel“, sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo bei einer Informationsveranstaltung im Wolfsburger VW-Stammwerk. An den deutschen Standorten beschäftigt VW rund 130.000 Mitarbeiter.

Kürzungen beim Gehalt

Die verbleibenden Beschäftigten müssten sich nach dem Willen der Unternehmensspitze auf heftige Entgeltverluste einstellen, so die Betriebsratschefin weiter. Der Vorstand wolle allen Beschäftigten 10% vom Monatsgeld kürzen. Zudem solle es in den kommenden zwei Jahren keine Lohnerhöhungen geben. Der Vorstand wolle tarifliche Zulagen abschaffen, im übertariflichen Bereich den an das Management gekoppelten Bonus sowie bislang im Manteltarifvertrag garantierte Jubiläums-Einmalzahlungen streichen.

Zugleich warf Cavallo dem Management erneut Konzept- und Strategielosigkeit vor. Der Vorstand des größten europäischen Autoherstellers lasse seit Monaten keine Ideen neben den Vorhaben für zusätzliche Kostensenkungen erkennen.

Zielbilder vermisst

Er bleibe Zielbilder für die VW-Kernmarke schuldig und halte sich nicht an Versprechen aus der Planungsrunde, in der im jährlichen Abstand mittelfristige Investitionsvolumina und Werksbelegungen vereinbart werden. Cavallo kritisierte den Vorstand, die Belegschaft in Panik zu versetzen, dann abzutauchen und die Kommunikation zu den Sparplänen auf Betriebsrat und IG Metall abzuwälzen. Kurz vor der nächsten Tarifverhandlungsrunde bei VW warnte die Betriebsratschefin, der Vorstand spiele „massiv mit dem Risiko, dass hier bald alles eskaliert“.

Das Unternehmen erläuterte die Gründe für die Notwendigkeit einer umfassenden Restrukturierung, machte aber keine Angaben zu einzelnen Maßnahmen. „Wir halten an dem mit der Mitbestimmung vereinbarten Grundsatz fest, die Diskussion um die Zukunft der Volkswagen AG zuerst intern mit unseren Verhandlungspartnern zu führen“, erklärte Konzern-Personalvorstand Gunnar Kilian. Die VW-Vorzugsaktie, seit Ende 2023 mit rund 18% im Minus, gab am Montag um bis zu 1,8% auf 90,58 Euro nach.

Fabrikkosten zu hoch

Anfang September hatte der Vorstand angekündigt, betriebsbedingte Kündigungen und - erstmals - die Schließung von Werken in Deutschland nicht mehr auszuschließen, um das Unternehmen wettbewerbsfähig aufzustellen und Investitionen aus eigener Kraft finanzieren zu können. Im vergangenen Jahr war bereits ein „Performance-Programm“ vereinbart worden mit dem Ziel, bis 2026 auf eine Umsatzrendite bei der Marke VW Pkw von 6,5% zu kommen - im ersten Halbjahr 2024 lag die Marge bei 2,3%.

Marken-Chef Thomas Schäfer unterstrich, das Geschäft sei seitdem noch viel stärker unter Druck geraten. „Wir sind an den deutschen Standorten nicht produktiv genug und liegen aktuell bei den Fabrikkosten 25 bis 50% über dem, was wir uns vorgenommen haben.“ Damit seien einzelne Werke doppelt so teuer wie der Wettbewerb. Zudem bearbeite man noch viele Aufgaben intern, die der Wettbewerb bereits extern kostengünstiger vergeben habe.

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