Widerstand gegen Satellitenbündnis Airbus-Thales-Leonardo
Europäische Kooperation
Widerstand gegen Satellitenbündnis wächst
Projekt Bromo unter Druck − OHB-Chef Fuchs spricht von „Bedrohung für OHB“
Von Gerhard Bläske, Mailand, und Gesche Wüpper, Paris
bl/wü Mailand/Paris
Die Gespräche über eine Satelliten-Allianz zwischen Leonardo, Airbus und Thales sind offenbar ins Stocken geraten und könnten sogar vor dem Scheitern stehen. Gegen das geplante Projekt „Bromo“, das die Zusammenlegung der Satelliten-Aktivitäten von Airbus, Thales und der italienischen Leonardo vorsieht, gibt es erhebliche Widerstände in Italien, aber auch in Deutschland.
Leonardo-CEO Roberto Cingolani sagte in einem Interview mit der Finanzzeitung Milano Finanza, er sei optimistisch, eine Einigung zu erzielen. Doch es gebe kartellrechtliche Hürden und es brauche Lösungen, die Synergien für alle Seiten gewährleisteten. Die Gespräche dauerten sicher mehrere Monate.
Keine Lösung in Sicht
Die Verhandlungen laufen schon seit Mitte 2024. Die Partner haben der EU-Kommission ihre Pläne vorgelegt und führen in diesen Tagen Gespräche mit den Kartellbehörden. Dass noch keine Lösung in Sicht ist, ist jedoch kein gutes Zeichen.
„Wir beobachten die Vorgänge schon sehr genau, wir haben natürlich nur wenige Informationen darüber. Wenn dieser große Merger tatsächlich kommen sollte, dann wäre das eine echte Bedrohung für OHB, schließlich würden wir einer kaum beherrschbaren europäischen Marktmacht gegenüberstehen“, sagte Marco Fuchs, CEO des Bremer Raumfahrtkonzerns OHB SE, der Börsen-Zeitung.
Der Widerstand gegen Bromo wächst. „Eine Fusion? Wofür? Warum sollte Italien seine Schlüsselrolle beim Projekt Iris2 (eine europäische Satellitenkonstellation für eine flächendeckende Internetanbindung) Franzosen überlassen?“, fragt sich Marco Lisi Turriziani, Mitglied des Verwaltungsrats der italienischen Weltraumagentur Asi. Alessandro Sannini, Experte für den Raumfahrtsektor, befürchtet eine Marginalisierung der 400 mittelständischen italienischen Unternehmen im Raumfahrtsektor. Angesichts einer möglichen Allianz der drei großen Firmen würden sie künftig womöglich bei Ausschreibungen nicht mehr berücksichtigt.
Vorhaben wenig konkret
Noch ist das Vorhaben aber wenig konkret. Unternehmen wie OHB gehen davon aus, von den Kartellbehörden gehört zu werden. Das derzeit schwierige geschäftliche Umfeld mit Börsenkursen in freiem Fall und großen Risiken für die Weltwirtschaft könnte Auswirkungen auf das Vorhaben haben.
Cingolani ist grundsätzlich sehr offen für europäische Partnerschaften. Vorbild für Bromo ist das europäische Raketenbündnis MBDA. Leonardo ist zuletzt auch eine Partnerschaft mit Rheinmetall zum gemeinsamen Bau von Panzern sowie eine Allianz mit der türkischen Baykar zum Bau von Drohnen eingegangen. Er sieht in der Zusammenlegung europäischer Kapazitäten die Chance, Kräfte zu bündeln und wettbewerbsfähiger zu werden.
Im Satelliten-Sektor hat Leonardo zwei Joint Ventures mit der französischen Thales: An Thales-Alenia Space ist Leonardo mit 33% beteiligt, an Telespazio mit 67%.
Schlechter als bekannt
Sowohl die Airbus-Raumfahrtsparte als auch Thales Alenia Space schreiben rote Zahlen und bauen Personal ab: Airbus 2.500 Stellen, Thales 1.300 Stellen. Sie leiden unter der Konkurrenz des Satellitennetzwerks Starlink von Elon Musk sowie einer nachlassender Nachfrage. Die drei Bromo-Partner sollen je ein Drittel der Anteile halten. Die Idee ist, eine glaubhafte und leistungsfähige europäische Alternative zu Starlink zu schaffen. In Rom besteht der Eindruck, die Italiener sollen für die Schulden von Airbus aufkommen. Die Vermutung: Der Raumfahrtsparte von Airbus geht es viel schlechter als bekannt.