Jens Müller

„Wir sind alles andere als eine riskante Wette“

Die Deutsche Glasfaser hat in einer neuen Finanzierungsrunde Fremdkapital von bis 5,75 Mrd. Euro mobilisiert. Damit sind die Ausbaupläne bis 2025 abgedeckt. Bei dem Paket sind auch deutsche Institute „substanziell mit dabei“, erläutert Finanzchef Jens Müller im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

„Wir sind alles andere als eine riskante Wette“

Von Heidi Rohde, Frankfurt

Die Deutsche Glasfaser, die sich als zweitgrößter Anbieter hierzulande im ländlichen Raum als Marktführer betrachtet, rüstet sich finanziell für die neuen mittelfristigen Ausbauziele. In den kommenden vier Jahren will das Unternehmen, das im Besitz der Finanz­investoren EQT (51%) und Omers (49%) ist, 4 Millionen Haushalte mit Glasfaser anschließen. Derzeit hat die Gesellschaft 1,2 Millionen Anschlüsse gebaut, weitere 750000 sind nach den Worten von Finanzchef Jens Müller in Arbeit. Nun hat das Unternehmen mit bis zu 5,75 Mrd. Euro Fremdkapital die bisher größte Glasfaserfinanzierung Deutschlands gestemmt.

„Dabei dienen 3 Mrd. Euro der Ablösung bestehender Kreditlinien, von denen wir 2,45 Mrd. Euro genutzt hatten“, erläutert der Manager. Hinzu kommen frische Mittel, mit einer Investitionsfazilität über 2,5 Mrd. Euro sowie nach Bedarf eine revolvierende Kreditlinie über 250 Mill. Euro. Die Summe ist von den begleitenden Banken unter Führung von ING und Crédit Agricole vollständig zugesagt, wobei der Kreis der teilnehmenden Investoren mittlerweile auf 25 Institute und Versicherer angewachsen ist. Inzwischen geht Müller davon aus, dass auch „fünf bis sechs deutsche Banken an Bord sind“. Die hiesigen Institute legten ihre Skepsis zunehmend ab. „Wir sind alles andere als eine riskante Wette“, betont er. Zu den beteiligten Banken, „die auch substanzielle Kreditanteile gezeichnet haben“, gehören mit KfW und LBBW zwei renommierte deutsche Adressen.

Über die „unterschriebenen“ 5,75 Mrd. Euro hinaus haben die Darlehensgeber der Deutschen Glasfaser noch weitere 1,5 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. Allerdings hält es Müller auch nicht für geboten, die Verschuldung ausufern zu lassen. „Wir hätten auch deutlich mehr bekommen können. Das Zeichnungsvolumen lag bei 250%“, so der Manager. Allerdings gehe es auch darum, die Mittel in einem überschaubaren Zeitraum einzusetzen. Bei einem operativen Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) von rund 100 Mill. Euro ist das Kreditvolumen zudem schon üppig, auch wenn die Glasfaserinfrastruktur eine sehr gute Sicherheit für die Banken darstellt. Es gibt keine schwerwiegenden Kreditauflagen, eher „Covenants light“, indem etwa „ein bestimmter Verschuldungsgrad pro Haushalt oder pro Kunde nicht überschritten werden darf. Aber da besteht noch viel Spielraum.“

Wie Müller betont, konnten die Finanzierungskonditionen erneut verbessert werden. Dabei ist die Verzinsung erstmals auch an ökologische und soziale Nachhaltigkeitskriterien (ESG) gebunden. „Wenn wir unsere ESG-Ziele in allen drei Komponenten erreichen, bringt dies über die gesamte Laufzeit von sieben Jahren eine Zinsersparnis von 50 Mill. Euro“, erklärt der Finanzchef. Die Ziele werden von einem spezialisierten externen Prüfer begutachtet.

Wie andere Anbieter auch wird das Unternehmen im Ausbau durch knappe Ressourcen wie beispielsweise Baukapazitäten mitunter gebremst. Dabei arbeite die Deutsche Glasfaser bereits mit 28 Generalunternehmern, die verschiedene Verlegetechnikern je nach Beschaffenheit des Untergrunds ausführen können. Um die Kosten je Haushaltsanschluss, die im Durchschnitt um 30% unter denen der Konkurrenz liegen, im Griff zu behalten, bekommen die Bauunternehmen sehr genaue Bodengutachten an die Hand, die auch ihre Kalkulation absichern. Trotz zunehmenden Wettbewerbs rechnet Müller auch künftig mit einem jährlichen Umsatzwachstum „von mindestens 20%“. Im vergangenen Jahr hat Deutsche Glasfaser 270000 neue Haushalte angeschlossen, in diesem Jahr sollen es mehr als 300000 sein. Das Unternehmen setzt dabei auch auf Kooperation, zum Beispiel mit der im Glasfaserausbau erfahrenen Geodesia, einer Tochter von Altice. Darüber hinaus arbeitet die Gesellschaft in der Geschäftskundenversorgung regional mit Vodafone zusammen. Auch mit der Telekom gibt es einen Piloten.

Das angestrebte Wholesale-Geschäft hat derzeit allerdings noch eine komplett untergeordnete Bedeutung. Auslastung und zusätzliche Umsätze sind hier folglich nicht allzu bald zu erwarten. „Priorität hat derzeit der Ausbau“, betont Müller. Dabei ist es für Deutsche Glasfaser von Vorteil, auf dem Land Erster zu sein. „Überbauen lohnt sich dort überhaupt nicht, von daher ergeben sich bei einem Open-Access-Geschäftsmodell später Wholesale-Umsätze“, erläutert der Finanzchef.

Die gegenwärtige Goldgräberstimmung auf dem deutschen Glasfaser markt betrachtet der Manager gelassen. Er ist überzeugt, „dass nicht alle überleben können“. Daher werde es früher oder später zur Konsolidierung kommen, bei der die Deutsche Glasfaser eine aktive Rolle spielen dürfte. „Wir setzen derzeit auf organisches Wachstum, aber wir haben den Markt ja bereits konsolidiert und auch Erfahrung in der Integration erworben.“

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