Paolo Scudieri

„Wir wollen an die Börse gehen“

Paolo Scudieri, CEO und Mehrheitseigentümer von Autozulieferer Adler Pelzer will an die Börse. Das soll ein Schritt in Richtung mehr Wachstum sein.

„Wir wollen an die Börse gehen“

Von Gerhard Bläske, Mailand

bl Mailand – Die italienische Autozuliefergruppe Adler Pelzer ist auf Expansionskurs und peilt einen Börsengang an. Paolo Scudieri, CEO und Mehrheitseigentümer des im süditalienischen Ottaviano bei Neapel angesiedelten Unternehmens, sagte der Börsen-Zeitung: „Wir wollen in zwölf bis 24 Monaten an die Börse gehen und das Kind in die Volljährigkeit führen, um ihm die Möglichkeit zu geben, noch größer zu werden.“ Ob die Familie im Rahmen eines Going-public die Mehrheit behalten wird, lässt Scudieri einstweilen offen.

Adler Pelzer ist ein weltweit führender Anbieter von Akustik-Segmenten für den Innen- und Außenbereich von Fahrzeugen wie Dämmungen, Innenverkleidungen und Frontmodulen. Das Unternehmen ist laut Scudieri gut aus der Pandemiekrise gekommen. Zwar ging der Umsatz 2020 auch wegen der zeitweiligen Schließung der Werke und des Einbruchs des Automarktes auf 1,17 (i.V. 1,43) Mrd. Euro zurück. Dennoch stieg das Bruttobetriebsergebnis (Ebitda) um 6,7% auf 137,6 Mill. Euro – vor allem aufgrund von Kostensenkungsmaßnahmen. Die Ebitda-Marge erhöhte sich auf 11,7 (9)%. Im ersten Quartal 2021 nahmen die Erlöse um 12% zu.

„Auch im schlimmsten Jahr haben wir uns sehr gut aus der Affäre gezogen. Die Ratingagenturen haben uns upgegradet“, hebt Scudieri, der auch Präsident des Nationalen Verbandes der Automobilindustrie (Anfia), ist, hervor. Der zuletzt starke Anstieg der Rohstoffpreise und die Knappheit der Halbleiter, die viele Autohersteller bremsen, habe aber auch Adler Pelzer „indirekt Schaden zugefügt“, räumt er ein. Nach Angaben Scudieris wachsen die Einnahmen in China derzeit zweistellig. Auch die USA legten deutlich zu, während Europa, das für 40% des Umsatzes steht, „langsam“ wächst.

Die Marktposition wurde in der Coronaphase weiter ausgebaut. Zuletzt erwarb die Gruppe vom französischen Zulieferer Faurecia dessen Akustiksparte und das Soft Trim Business (Akustik-Komponenten im Fahrzeuginneren), die mit 1820 Mitarbeitern auf einen Umsatz von 241,4 Mill. Euro kommt und verbesserte damit ihren Footprint in Osteuropa und Frankreich.

Außerdem kaufte der italienische Autozulieferer Ende 2020 zunächst die Akustik-Abteilung und im März 2021 von der Industrieholding Mutares einen Mehrheitsanteil von 73,25% an der in Frankfurt notierten STS-Gruppe, die 2020 auf Erlöse von 235 Mill. Euro kam und finanziell angeschlagen ist. „Wir haben immer ein sehr starkes internes Wachstum verzeichnet, aber nutzen, wenn die Marktbedingungen es erlauben, auch Chancen für Übernahmen“, sagt Scudieri. „Finanziert haben wir die Akquisitionen mit Hilfe des italienischen Systems, etwa durch Kredite der mehrheitlich italienischen Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP), Staatsgarantien und Bankkredite. Wenn Unternehmen klare Ideen und Vorstellungen haben, funktioniert das.“ Hilfreich war sicher auch, dass Adler Pelzer seit 2018 den italienischen Staatsfonds Fondo Strategico Italiano (FSI) als Minderheitsanteilseigner hat.

Mit der Übernahme der Faurecia-Akustiksparte wird die französisch-italienische Stellantis zum zweitgrößten Kunden nach der VW-Gruppe, die 22% zum Umsatz beiträgt. Auch bei der Elektrifizierung ist Adler Pelzer dabei. Wegen des großen Gewichts der Batterien müssen Komponenten leichter werden, sollen aber gleichzeitig auch sicherer sein. Adler Pelzer zählt auch Tesla zu den Kunden.

Dass Italiens Autoindustrie auf großes Interesse bei ausländischen Investoren stößt, die etwa bei Fiat Chrysler (Stellantis), Pininfarina (Mahindra), Pirelli (Chem China), sowie Lamborghini, Ducati und Italdesign (Volkswagen) eingestiegen sind, bewertet Scudieri positiv. „Wir können nicht nationalistisch sein und uns abriegeln und brauchen eine Integration mit den interna­tionalen Finanzmärkten.“ Umgekehrt hat auch Adler Pelzer viel im Ausland „eingekauft“ und hat etwa starke Wurzeln in Deutschland. „Deutschland ist ein Teil unserer Geschichte, den wir im Namen tragen.“ Mit der Übernahme der Wittener Pelzer-Gruppe 2016 wuchs Adler Pelzer in eine neue Größenordnung.

Angesichts der Pandemie, aber auch der technologischen Herausforderungen der Branche findet es Scudieri wichtig und gut, dass Italiens Staat der Branche unter die Arme greift, mit Verschrottungsprämien, aber auch mit steuerlichen Kaufanreizen für schadstoffärmere Fahrzeuge. „Ohne die Hilfe des Staates geht es nicht“, meint er. Vom europäischen Wiederaufbauprogramm er­wartet er sich weitere Impulse, etwa den Ausbau der Infrastruktur, Hilfen für Innovationen und spezielle Maßnahmen für Süditalien.