Zahl der chinesischen Firmenübernahmen in Europa sinkt auf Achtjahrestief
md Frankfurt
Die Pandemie bremste im vergangenen Jahr die Einkaufstour chinesischer Unternehmen in Europa: Die Zahl der Übernahmen und Beteiligungen sank laut einer Studie von EY um 28% auf 132. Mit 28 Transaktionen wurden die meisten Deals in Deutschland gezählt vor Großbritannien (21) und Frankreich (17). Das Transaktionsvolumen brach um 91% auf 1,5 Mrd. Dollar ein. Große Deals waren also Mangelware. Stattdessen gab es 2020 viele kleine Deals. „Vor größeren Investitionen schreckten die Unternehmen angesichts der erheblichen Risiken zurück. Ebenfalls dämpfend wirkten sich die hohen Hürden für ausländische Beteiligungen gerade in bestimmten kritischen Branchen sowie die zunehmende Konkurrenz durch kapitalstarke Finanzinvestoren aus“, sagt Yi Sun, Partnerin und Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz bei EY.
Auch in Deutschland traten chinesische Investoren seltener auf: Nachdem 2019 noch 39 Transaktionen von Unternehmen aus dem Reich der Mitte gezählt worden waren, gab es 2020 nur noch 28 Deals; ein Minus von 28%. Das Investitionsvolumen schrumpfte um 92% auf 376 Mill. Euro. So kauft das chinesische Pharmaunternehmen Wuxi Biologics für 184 Mill. Dollar von Bayer eine Anlage zur Herstellung von Impfstoffen gegen Covid-19 sowie andere Biologika, und für 50 Mill. Dollar erwarb die chinesische Fosun Pharma einen Minderheitsanteil an Biontech.
„Die Pandemie hat den Transaktionsmarkt spürbar beeinträchtigt“, sagt Yi Sun. „Viele Transaktionen wurden verzögert, teilweise lag der M&A-Markt komplett auf Eis.“ Erst ab Herbst 2020 hätten sich Interessenten wieder verstärkt an neue Deals herangewagt. Die Zurückhaltung habe sich zum Teil aus den Eindämmungsmaßnahmen in Europa ergeben, zum Teil aber auch daraus, dass das operative Geschäft vieler Investoren durch die Folgen der Pandemie beeinträchtigt wurde: Einige chinesischen Unternehmen, die in der Vergangenheit in Europa Zukäufe getätigt hatten, sahen sich nun mit Umsatzeinbrüchen bei ihren europäischen Töchtern konfrontiert, wie aus der Studie hervorgeht. Statt neue Firmen zu akquirieren, kämpften sie mit erheblichen Herausforderungen, denen sie gemäß EY u.a. mit Restrukturierungen begegneten. Auch Unsicherheiten in Bezug auf die Geschäftsaussichten der Zielfirmen hätten den M&A-Markt gebremst. „Zudem gab es aufgrund der Reisebeschränkungen und Lockdown-Maßnahmen ganz konkrete und praktische Probleme bei der Deal-Anbahnung und -Durchführung“, heißt es.
Nach wie vor erkennt Yi Sun aber großes Interesse chinesischer Unternehmen an europäischen Firmen aus den klassischen Industrien Maschinenbau und Automobil sowie aus der Biotechnologie und Medizintechnik.